120 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preußisch-deutschen Geschichte.
eine Stellung zwischen der Saale und Eisenach ein. Ohne Preußens
Forderungen einer Antwort zu würdigen, zog Napoleon die Truppen,
die er nach dem letzten Feldzuge in Süddeutschland zurückgelassen hatte,
am oberen Main zusammen und überschritt bei Hof den Thüringer Wald.
Am 10. Oktober wurde die Vorhut des Fürsten Hohenlohe unter dem
Befehle des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, der in dem Ge-
fechte sein Leben verlor, bei Saalfeld vollständig geschlagen und aus-
einaudergespreugt. In Eilmärschen erreichte die Spitze der französischen
Armee Naumburg. Auf diese unglücklichen Nachrichten hin befahl der
Herzog, den Rückzug anzutreten, den der Fürst Hohenlohe bei Jena decken
sollte. Unvermutet wurden beide Armeen am 14. Oktober angegriffen.
Französische Kolonnen, bei denen sich der Kaiser selbst befand, hatten den
Landgrafenberg bei Jena erklommen. Als im Nebel des Herbstmorgens
die Preußen gegen diesen vorrückten, entspann sich bei dem Dorfe Vier-
zehnheiligen ein heftiger Kampf. Am Nachmittage war sowohl die Armee
Hohenlohes als auch das Korps Nüchels, das zu ihrer Unterstützung
herangezogen worden war, zurückgeworfen, und beide gingen in voller
Auflösung zurück. Hinter Weimar gerieten die flüchtenden Scharen in
den Rückzug der Hauptarmee hinein.
Diese war, nachdem sie aus Auerstädt aufgebrochen war, bei dem
Dorfe Hassenhausen ans das Korps des Marschalls Davoüt gestoßen.
Bei Beginn der Schlacht wurde der Herzog von Braunschweig tödlich ver-
tomriet. Am Nachmittage befahl der König den Rückzug, der am Abend
und in der Nacht in zunehmender Verwirrung ausgeführt wurde. Die
Trümmer der preußischen Armee suchten Magdeburg zu gewinnen. Schon
am 27. Oktober zog Napoleon in Berlin ein.
Das preußische Heer war der neuausgebildeten Taktik der Franzosen
erlegen. Unter Friedrich dem Großen hatte das Heer in Schlachtordnung
eine einzige Linie gebildet, die gleichzeitig zum Stoße gegen den Feind
vorgeführt worden war. Seitdem war zwar an der Vervollkommnung
der hierzu notwendigen Bewegungen gearbeitet worden, aber das Heer
war gleichsam eine lebendige Maschine geworden, die mit größter Punkt-
lichkeit arbeitete; jeder Offizier und jeder Mann hat^e seinen festen Platz,
an den er gebunden war. In Frankreich war eine beweglichere Art
der Kriegführung angenommen und durch Napoleon zur größten Voll-
kommenheit gebracht worden. Jeder einzelne Teil des Heeres und jeder
Befehlshaber bis zum untersten herab war selbständig gemacht worden,
sollte nach eigener Einsicht handeln und zweckmäßig in das Gefecht em-
greifen. Dieser Beweglichkeit und Selbständigkeit war das alte preußische
Heer bei mangelhafter Oberleitung in den entscheidenden Stunden erlegen.
Schlimmer als die Niederlage selbst waren ihre Folgen. Am 27. Ok¬
tober streckte der Fürst von Hohenlohe übereilt mit dem Reste semer Armee
bei Prenzlan in freiem Felde vor den Reitern Mnrats die Waffen. Der
General Blücher, dessen kleiner Trnppenabteilnng York nnt semem
Jägerregiment und Scharnhorst sich angeschlossen hatten, rettete dte Ihre