König Wilhelm I. von Preußen.
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gesunde preußische Politik in der nächsten Zeit verfolgen müsse. Im
Jahre 1859 war er als Gesandter nach St. Petersburg und im Mai
1862 in gleicher Eigenschaft nach Paris gegangen.
Der Verfassungskonflikt wurde unter ihm zunächst nicht zum Austrag
gebracht, sondern der Gegensatz zwischen der Regierung und der Volks-
Vertretung noch verschärft. Seine Bedeutung trat aber bald hinter den
großen Ereignissen der auswärtigen Politik zurück.
Als im Jahre 1863 ein Aufstand in Polen ausbracht, schloß
Preußen mit Rußland eine Militärkonvention ab und sicherte sich durch
die wertvolle Unterstützung, die es gewährte, die. Freundschaft des mächtigen
Nachbarn.
In demselben Jahre lud der Kaiser Franz Joseph von Österreich
die deutscheu Fürsten zu einem Kongresse nach Frankfurt ein, um
über eine Änderung der Bundesverfassung mit ihnen zu beraten; König
Wilhelm blieb ihm aber fern, „da das Werk einer zeitgemäßen Ver-
besseruug der Bundesverfassung nicht ohne eingehende Vorarbeiten mit
einer Zusammenkunft der Souveräne begonnen werden könne", und so
verlief der Fürstentag ohne Ergebnis.
In den Kriegen, durch welche die Einigkeit Deutschlands erreicht
wurde, sollte sich das Werk des Königs, die reorganisierte Armee,
bewähren. Chef des Großen Generalstabes war General Helmut von
Moltke. Geboren am 28. Oktober 1800 in Parchim in Mecklenburg,
trat er zunächst in dänische, später in preußische Dienste. Eine längere
Urlaubsreise führte ihn in die Türkei, hier nahm er an den Kämpfen
des Sultans gegen Mehemed Ali von Ägypten teil. Nach feiner Rück-
kehr gehörte er fast ununterbrochen dem Generalstabe der Armee an.
§ 107. Der Deutsch-dänische Krieg. (1864.) Als die deutschen
Großmächte Preußen und Österreich 1852 dem Londoner Protokolle bei-
traten und die Nachfolge der Glücksburger Linie auch in den Herzog-
tümern Schleswig und Holstein anerkannten, verpflichtete sich Däne-
mark ihnen gegenüber, die Rechte der Herzogtümer zu schonen,
sie niemals den Dänen unterzuordnen, Schleswig insbesondere nicht ein-
zuverleiben, die deutsche Nationalität nicht zu unterdrücken und endlich
Holstein nach seiner alten Verfassung zu regieren. Diese Verpflichtungen
wurden nicht innegehalten, vielmehr die Rechte der Herzogtümer durch
die von Friedrich VII. erlassene Gesamtverfaffung für Dänemark
und Schleswig-Holstein verletzt. Unmittelbar darauf starb Friedrich VII.,
und Christian IX. aus der Glücksburger Linie folgte ihm.
Als am 1. Januar 1864 die Gesamtverfaffung in Kraft trat,
wurden die Gesandten von Preußen und Österreich in Kopenhagen be-
auftragt, ihre Aufhebung zu verlangen und Kopenhagen zu verlassen,
wenn die Erklärung, daß dieselbe erfolgt sei, ihnen nicht bis zu einem
bestimmten Tage zugehe. Da das dänische Ministerium ablehnend ant-
wortete, war damit der Krieg erklärt.