Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

74 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preußisch-deutschen Geschichte. 
Ermutigt wurde er dazu durch die Vorgänge auf dem westlichen 
Schauplatze. Der englische König Georg II. hatte die Konvention von 
Kloster Zeven verworfen und seine Hand zur Bildung einer neuen nieder- 
sächsischen Armee geboten, die unter den Befehl Ferdinands von Brann- 
schweig trat. Dieser verjagte seit Februar die französischen Besatzungen 
aus dem nordwestlichen Deutschland, trieb sie über den Rhein und erfocht 
einen Sieg bei Krefeld. 
Inzwischen war der König beim Eintritt der guten Jahreszeit in 
Mühren eingefallen und hatte Olmütz umlagert, mußte aber, als der 
österreichische General von Laudon eine große preußische Proviant- 
kolonne bei Domstadtl abfing, wegen Mangels an Lebensmitteln die Be- 
lagenmg wieder aufgeben und durch Böhmen nach Schlesien zurückkehren. 
Im Sommer fielen die Russen unter Fermor in die Neumark 
ein und belagerten Küstrin. Der König eilte zum Entsätze der Festung 
herbei und schlug das russische Heer am 25. August bei Zorudors, 
worauf es sich nach Polen zurückzog. 
Unterdessen hatte Prinz Heinrich, der Bruder des Kömgs, tue 
Feinde in Schlesien aufgehalten. Als er von Daun stark bedrängt wurde, 
eilte ihm der König zu Hilfe, wurde aber im Lager bei Hochkirch nn- 
weit Bautzen überfallen und erlitt empfindliche Verluste. Trotzdem gelang 
es dem Könige noch im Herbste, auf einem rafchen Zuge nach Oberfchlefien 
Neiße und Kofel zu entsetzen. Als er wieder nach Sachsen zurückkam, 
zog sich Dauns Armee nach einer fruchtlosen Bestürmung Dresdens nach 
Nordböhmen in die Winterquartiere zurück. Der König war am Schlüsse 
des Jahres wieder Herr aller seiner Länder mit Ausnahme Ostpreußens, 
das von den Russen besetzt war. Den Winter verbrachte er wieder in 
Breslau. 
§ 43. Vier Defensivfeldzüge. (1759—1762.) Auch in diesem Jahre 
gelang es Ferdinand von Braunschweig, im Westen die Franzosen zurück- 
zuhalten. Er hatte sich zwar bei Bergen (unweit Frankfurt a. M., vgl. 
Goethes Wahrheit und Dichtung!) vor einem französischen Heere unter 
Broalie zurückgezogen, als sich aber dieses mit einem zweiten unter Mar¬ 
schall Eontades vereinigt hatte, schlug er es bei Minden. In den folgen- 
den Jahren wurden die Franzosen allmählich bis zum unteren Main 
zurückgedrängt. — Um so schwieriger gestalteten sich für den König bie 
Verhältnis im Osten. Bisher war die Vereinigung einer russischen und 
einer österreichischen Armee zu gemeinsamem Angrisse noch niemals erfolgt. 
Gelang diese, so sah sich der König überlegenen Streitkräften gegen- 
über. Im Sommer 1759 wurde sie vollzogen; die Russen unter Solw 
kow und die Österreicher unter Laudon näherten sich einander auf dem 
rechten Oderufer. Vergebens versuchte General von Wedel! ihre ^5er- 
einianna zu verhindern, er wurde bei Kay (unweit Züllichau) geschlagen. 
Darauf zog der König selbst den Russen und Österreichern entgegen und 
lieferte ihnen am 12. August bei Kunersdorf vor den Toren von Frank-
	        
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