170 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
das Haupt, da den Gebannten in der interdicierten Kirche kein Bischof
krönen durfte. Mit den Tempelrittern war er in der feindseligsten
Spannung; diese sollen selbst dem Sultan angezeigt haben, wenn der
Kaiser mit kleinem Gefolge an den Jordan reiten werde, der Sultan
aber habe den Fabricius gespielt; eben so gerieth Friedrich mit dem Pa¬
triarchen von Jerusalem in Streit; die Genuesen haßten ihn, weil er
ihre Nebenbuhler, die Pisaner, begünstigte, und für ihn war niemand
als die Ritter des Deutschordens und sein kleines Heer. Dies war
der Kreuzzug Friedrichs; die heiligen Stätten waren wieder christlich, und
dennoch ließen wenige dies als Verdienst des Kaisers gelten, denn er
stieß durch seinen Vertrag mit Kamel gegen den Geist der Zeit an.
Nämlich 1) der Kaiser erlaubte es, daß die Moslemin in der Moschee
Omars ihren Gottesdienst halten durften (auch dem Moslemin ist Jeru¬
salem ein heiliger Ort); für die strengen Christen aber war die Dul¬
dung des Islams in Jerusalem ein Gräuel. 2) Der Kaiser hatte mit
dem Sultan Friede geschlossen, daher verbot er es dem Patriarchen
streng, mit französischem Gelde Söldner zu werben, wie dieser bereits
angefangen hatte; ebensowenig durften die Tempelritter, deren Ordens¬
regel ihnen jeden Waffenstillstand mit den Ungläubigen verbot, die
Feindseligkeiten erneuern und deßgleichen kriegslustige Pilger, deren ge¬
nug herbeikamen. Darum erschien der Friede des Kaisers unritterlich,
unehrenhaft, selbst unchristlich, obwohl die Christen.mehr gewonnen hat¬
ten, als früher mit den furchtbarsten Anstrengungen und mit Aufopfe¬
rung von unzähligen Kriegern.
Auch der Papst wollte den kaiserlichen Frieden nicht billigen; da der
Herzog von Spoleto im Namen Friedrichs II. den Kirchenstaat angriff,
war auf des Papstes Befehl Johann von Brienne, Friedrichs Schwie¬
gervater, der selbst Titularkönig von Jerusalem und darum mit jenem
gänzlich zerfallen war, in Neapel eingefallen und hatte theils durch
Waffen, theils durch Versprechungen viele Städte gewonnen. Friedrich
eroberte aber nach seiner Ankunft das Verlorene schnell wieder, und
da er dem Papste Friedensanträge machte und wiederum das Beste ver¬
sprach, schloßen beide den Frieden in San Germano 0230).
Friedrich in Deutschland (1235).
Des Kaisers Erstgeborner, Heinrich, welchen er den Deutschen als
König zurückgelassen hatte, war völlig entartet. Er lebte mit rohen
Jagdgesellen, mit Gauklern und Musikanten und hatte keinen Sinn für
Staatsgeschäfte; ein solcher König war vielen Herren der rechte und sie
wußten ihn zu benutzen. Zuerst brauchten sie ihn gegen die Städte;
die fränkischen Kaiser hatten diese begünstigt, und obwohl Friedrich I.