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in Lüttich dem Streit ein Ende. Die Leiche des Kaisers
fand erst nach fünf Jahren ihre Ruhe an geweihter Stätte im
Dom zu Speier.
§ 30. Heinrich Y.
Heinrich Y. (1106—1125) wurde nach dem Tod seines
Vaters allgemein anerkannt; er pflegte zunächst das Einver¬
nehmen mit den Fürsten, hielt aber an dem Eecht der Investitur
fest, obgleich Paschalis II. in Guastalla 1106 das Verbot der
Laieninvestitur erneuert hatte. Nach mehrjährigen Kämpfen im
Osten, die an der Unabhängigkeit Ungarns und Polens nichts
änderten, zog Heinrich 1110 mit einem grossen Heer nach
Italien, wo er nirgends Widerstand fand. Auf den Vorschlag
des Papstes wurde am 4. Febr. 1111 ein Vertrag geschlossen,
wonach der König auf die Investitur verzichten, die deutsche
Kirche alles Reichsgut herausgeben (das patrimonium Petri aber
unverkürzt bestehen bleiben) sollte; die, von ihm wohl voraus¬
gesehene, Verwerfung des Vertrags durch die deutschen Bischöfe,
denen sich weltliche Fürsten wegen der Kirchenlehen und der
Yogtei anschlossen, nahm Heinrich zum Anlass, den Papst als
vertragsbrüchig mit den Kardinälen in der Peterskirche ge¬
fangen zu nehmen (12. Febr.). Erst nachdem der Papst dem
König die Ausübung der Investitur mit Ring und Stab zu¬
gestanden, die Kaiserkrönung versprochen und gelobt hatte, ihn
nie zu bannen, wurde er frei gelassen, worauf die Kaiser¬
krönung erfolgte (13. April). Nachdem Heinrich Italien ver¬
lassen hatte, erklärte eine Lateransynode 1112 das Zugeständnis
der Investitur für ungültig („pravilegium“), und auf einer Synode
in Vienne sprach der dortige Erzbischof Guido den Bann, den
der Papst nicht aussprechen konnte, über den Kaiser aus.
Heinrich hatte von den beiden Mächten, durch die er gegen
seinen Vater erhoben worden war, die eine, die Kirche, mit
Hilfe der ändern besiegt. Jetzt wollte er auch das Fürstentum
unterwerfen; er stützte sich dabei auf die Ministerialen, anfangs
auch auf die rheinischen Städte, und hatte in Süddeutschland,
wo ihm seine staufischen Neffen, Friedrich von Schwaben
und Konrad, die Söhne Friedrichs von Büren, zur Seite standen,
eine starke Stellung, deren Grundlage die Eigengüter seines
Hauses und das Königsgut im Gebiet des Oberrheins zwischen
Basel und Mainz bildeten. Der Hauptsitz des Wider¬
stands gegen eine starke Königsgewalt war Sachsen,
wo Lothar von Supplinburg, seit dem Aussterben des Bil-
lung’schen Mannesstamms 1106 Herzog und durch seine Gemahlin
Richenza, die Enkelin Ottos von Nordheim, im Besitz grosser
Lehrbuch d. Weltgeschichte. Mittelalter. 7