Griechenland im perikleischen Zeitalter.
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(Bundesgenossen) wurden zu vjirjy.ooi (Untertanen), die Beiträge zum
Tribut. Perikles stellte geradezu den Grundsatz aus, Athen sei den anderen
Bundesstaaten zu Schutz und Hilfe, diese aber dafür zu Gehorsam und
Tribut verpflichtet. Ein großer Erfolg war es, daß der Bundesschatz
von Delos nach Athen gebracht wurde, wo Perikles frei darüber ver-
fügte, und daß die Mitglieder des Bundes in Athen Recht suchen mußten.
Ein Mittel, die abgefallenen oder in ihrer Haltung zweifelhaften Staaten
an Athen zu fesseln, bildeten die Ansiedlungen (Kleruchieu) mit athe-
nischm Bürgern in den betreffenden Landesteilen. Zugleich dienten sie
der Versorgung der ärmeren Bürger. So sandte Perikles 2000 Kleruchen
nach Euböa, 1000 nach dem Chersonnes, 500 nach Naxos, 250 nach
Andros, 1000 nach Thracien.
Wie der politische so wurde Athen zu dieser Zeit der Wirtschaft-
liche Mittelpunkt von Hellas. Zwar mußte Getreide aus den Pontns-
ländern eingeführt werden, doch lieferte Attika einen Überfluß an Ol und
Wein. Auch die Industrie, die mit einer großen Zahl von Sklaven
in Athen arbeitete, entwickelte den Seehandel immer mehr. Der Piräns
bildete den großen Stapel-, Ein- und Ausfuhrplatz für Athen und Attika.
§ 61. Athen zur Zeit des Perikles der kulturelle Mittelpunkt
von Bellas. Während die politische Macht und der wirtschaftliche Auf-
fchwung die materiellen Kräfte Athens stärkten, wurde es in die Lage
versetzt, sich damals zu einem Kulturstaat ersten Ranges zu erheben, dessen
Leistungen aus dem Gebiete der Künste das perikleische Zeitalter zu einer
der berühmtesten Kulturepochen machte, die die Geschichte der Menschheit
überhaupt aufzuweisen hat. Athen wurde eine Bildungsschule für Hellas
und für die ganze Welt und für alle spätere Zeit. Niemals wieder hat
ein Staat in gleicher Weife die Kunst so in den Mittelpunkt des gesamten
Volkslebens gestellt, und es ist bewundernswert, wie bei der immer voll-
ständiger ausgebildeten Demokratie ein Perikles das Volk zu seiner Höhe
und Begeisterung für alles Edle und Schöne zu erheben wußte. Damals
schmückte sich Athen und vornehmlich die Akropolis mit den herrlichsten
Bauten, damals lebte in Athen der Titan der bildenden Künste, Phidias.
In der dramatischen Kunst schenkten damals die Tragiker Äschylus,
Sophokles und Euripides der Mit- und Nachwelt ihre unvergeßlichen
Meisterwerke, und das geniale Schaffen des größten Meisters der Komödie,
Aristophanes, reiste damals seiner Blüte entgegen. Und mit der dra-
matischen Kunst wetteiferte die historische Darstellnngskunst des unüber-
troffenen Geschichtschreibers des Altertums, Thucydides. In der Philo-
sophie bahnte sich jene Glanzperiode an, die in Sokrates und seinen
Schülern ihre berühmten Vertreter sand. Kurz, es war auf den ver-
fchiedensten Gebieten eine Zeit der klassischen Vollendung, die Athen zum
Mittelpunkt von Hellas machte.