Full text: Altertum und Mittelalter (Teil 1)

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die et an Leib und Leben strafen konnte. Übrigens stand die Frau neben 
ihm in würdiger, hochgeachteter Stellung, ganz anders als in Athen. — 
Die vollberechtigten Bürger waren die Patrizier: sie allein hatten An- 
spruch auf die Staatsämter; aus ihnen wurde auch der König genommen 
Zu den Familien der Patrizier gehörten noch die Klienten oder Hörige: 
sie waren unmündig und unter den Schutz eines Patriziers gestellt, mit 
dem sie durch ein Verhältnis der Pietät verbunden waren, der sie als 
Patron vor Gericht und sonst vertrat, wie andererseits der Klient seinem 
Herrn in jeder Verlegenheit nach Kräften beizustehen verpflichtet war. 
Sie trieben gewöhnlich ein Gewerbe, hielten einen Kramladen oder waren 
Erbpächter auf den Gütern der patrizischen Familie. Den Patriziern gegen- 
über standen die Plebejer, die meist auf dem Land wohnten als freie,, 
zum Teil wohlhabende Landbebaner. Sie hatten nur die Staatslasten 
mitzutragen, Kriegsdienst und Steuer; aber sie hatten keinen Zutritt 
zu den Ämtern, keinen Anteil am Gemeindeland (f. u.) und an der 
römischen Staatsreligion. (Ob sie aus den Bewohnern der unterwor- 
fenen Nachbarstädte, die vertragsmäßig in die Staatsgemeinde auf- 
genommen wurden, oder aus den Klienten und der zahlreichen nicht- 
bürgerlichen Jnfafsenschast Roms hervorgingen oder von Anfang ais¬ 
freie Bürger neben den adligen Patriziern vorhanden waren, ist zweifel¬ 
haft.) — Ans der Patriziergemeinde ging durch Wahl der König hervor,, 
der dann als oberster Richter, oberster Priester und oberster Kriegsherr 
gebot, ausgezeichnet durch Purpurmantel, goldenen Lorbeerkranz und 
elfenbeinernes Zepter, durch die 12 Liktoreu mit den Rutenbündeln und 
die elfenbeinerne sella curulis, auf der er Recht sprach. Ihm zur Seite 
stand der Rat, Senat (= Rat der Alten, Gerusia), dessen Glieder der 
König nach freiem Ermessen meist aus den Patriziern entnahm und deit 
er bei wichtigen Angelegenheiten berief. Bei der Änderung oder Ab¬ 
schaffung von Gesetzen, sowie bei der Entscheidung über Krieg und Frieden 
holte der König die Meinung der Volksversammlung ein, in der die höchste- 
Staatsgewalt ruhte und an die sie beim Tode eines Königs zurückfiel.. 
Das Volk hatte demnach in Rom die höchste Macht, wie es ja auch den 
König wählte und bei Todesurteilen die Appellation an das Volk ging. 
Von der Volksversammlung waren, wie es scheint, die Plebejer nicht 
ausgeschlossen; aber sie kamen gegen die Patrizier nicht auf, und diese- 
konnten mißliebige Beschlüsse durch den Senat verwerfen lassen. 
b. Dem Servins Tnllins haben die Römer eine volksfreundliche 
Verfassungsänderung zugeschrieben, die freilich zunächst nur die 
Wehrverfassung neu ordnete. Er ging, ähnlich wie kurz zuvor Solon m 
Athen, darauf aus, den Gegensatz zwischen Patriziern und Plebejern 
dadurch zu mildern, daß er das Vermögen zum Maßstab der Rechte machte 
(Timokratie). Die gesamte Bevölkerung wurde nach dem Vermögen 
in fünf Klassen und 193 Centurien oder Hundertschaften geteilt, wonach 
sich der Heerdienst richtete. Dabei wurde den Patriziern als den Rei¬ 
cheren zunächst ihre bevorzugte Stellung gelassen, da die erste Klasse mit 
den Rittern zusammen die Mehrheit hatte, und doch war es den Ple- 
bejern möglich gemacht, nach und nach emporzukommen. Zur ersten 
Klasse gehörten nämlich 80 Centurien (mit einem Vermögen von min¬ 
destens 100 Minen = 100 000 Aß - c. 6850 Mark), die zweite, dritte 
und vierte Klasse (die zum mindesten 7<, V2/ ]A von jenem Vermögen
	        
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