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jedes Reich aber im Innern seine bisherige Ordnung behalten sollte. Die
Union schuf kein mächtiges Reich. Auch die Unionskönige hatten in Däne-
mark einen ungefügen Adel neben sich, und namentlich Schweden fügte
sich nur widerstrebend der Union. In Wahrheit war es unter den Reichs-
Verwesern so gut wie unabhängig. Und als Christian II. durch das Stock -
holmer Blutbad 1520 den Widerstand brechen und die Union durch-
führen wollte, war dies das Zeichen zur völligen Aufhebung der Union.
c. Schleswig - Holstein. In dem 15. Jahrh., in dem das deutsche
Reichsgebiet durch die Niederlage des Deutschordens (S. 308), durch
die Ausdehnung des neuburgundischen Reiches (©. 309), durch die Los¬
lösung der Schweiz (S. 314) sowie Böhmens so schwer geschmälert wurde,
ging dem Reich auch im Norden ein Gebiet verloren. Holstein zwischen
Eider und Elbe war seit Karl dem Großen (S. 198) deutsches Land. Hein-
rich I. gewann auch nördlich von der Eider die Mark Schleswig (S. 211 f.).
Auf die letztere verzichtete Konrad II (1035 S. 217). Holstein blieb ein Teil
des deutschen Reichs. Die Grafen von Holstein wurden (1386) auch von
dem Dänenkönig mit dem dänischen Schleswig belehnt. Nun. starb 1459
Adolf XI. von Holstein-Schleswig kinderlos. Der Sohn seiner Schwester
Christian I. von Oldenburg war König von Dänemark und den andern
Unionsreichen. So wählten ihn (1460) die fchleswig-holsteinischen Stände
zum Grafen von Holstein und Herzog von Schleswig mit der Bestimmung,
daß diefe Lande „bliwen ewich tosamene ungedelt". Wenn dabei Holstein
deutsches Lehen blieb, war es doch für Jahrhunderte (bis 1864) dem Reich
entfremdet.
6. Polen und Rußland.
a. Polen. In der Tiefebene um Weichsel und Warthe war im
10. Jahrh. ein polnisches Reich unter Fürsten aus dem Haus der Piasten
entstanden, das nie zu rechter Kraft gedieh. Im Anfang bis ca. 1250 war
es unter der freilich sehr lockeren Lehenshoheit Deutschlands, die schon
Boleslav Chrobry gegen Heinrich II. (S. 217) abzuschütteln suchte und die
auch später nie eine wirkliche Abhängigkeit wurde. Seit 1139 zersplitterte
es in zahllose Staaten (von den Hauptteilen Kleinpolen an der oberen
Weichsel, Großpolen an der Warthe, Masovien und Schlesien zerfiel
z. B. das letztere zuzeiten in 18 Fürstentümer), während der Adel alle
Gewalt an sich zu reißen begann. Im 14. Jahrh. wurde Polen in der
Hauptsache wieder vereinigt und ein Königtum (1319). Während Polen
die Herrschaft über die Slawen zwischen Elbe und Oder Deutschland über-
lassen mußte und auch Pommern und Preußen sowie Schlesien schließ-
lieh den Deutschen verblieb, erlangte es nach Osten eine bedeutende
Ausdehnung, als nach dem Aussterben der Piasten (1370) die Tochter
Ludwigs des Großen von Ungarn und Polen Hedwig sich mit dem noch
heidnischen Großfürsten Jagello von Litauen verheiratete (1386)und so
Polen und Litauen vereinigt wurden. Die Zeit der Jagellonen 1386
bis 1572 erschien den Polen später als die Glanzzeit, weniger wegen der
Eroberungen gegenüber den Russen und dem Deutschorden (S. 308 1466!),
als weil damals die polnische Anarchie sich ausbildete. Der Adel wurde
mehr und mehr allmächtig. Die Bauern schmachteten im tiefsten Elend
der Leibeigenschaft. Ein städtisches Bürgertum gab es fast gar nicht. Die
Inden beherrschten den Handel. So war das Reich trotz seiner gewaltigen
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