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den Religion dachte. Sprichwörtlich wurde der Reichtum dieser Herrscher
und ihrer Statthalter, der Nawab oder Nabobs. Die Untertanen hatten
wenig davon zu genießen, und rasch zerfiel die Macht des Reiches. Die
Statthalter machten sich unabhängig, die Kaiser konnten nicht hindern,
daß Nadir Schah von Persien einmal (1739) Delhi unter furchtbarem Blut-
vergießen (118 000 Menschen sollen niedergemacht worden sein) eroberte
und ausplünderte. ^
b. Begründung der englischen Herrschaft. In diesem riesigen
Ländergebiet ließen sich seit 1498 die europäischen Völker der Reihe nach
nieder, zuerst die Portugiesen (S. 2), dann die Niederländer; auch Dänen
und Franzosen gründeten Niederlassungen. Unscheinbar waren die Anfänge
der Engländer. 1600 unter Elisabeth entstand die ostindische Handels -
kompanie. Sie erwarb im Lauf des Jahrhunderts weit voneinander
entlegene Küstenpunkte, Madras, Bombay, ein kleines Gebiet am Hughli
mit dem Ortchen Kalikatta (= Kalkutta), wo sie ein Fort William baute
(1686). Im 18. Jahrh. begann der großartige Aufschwung. Die Ver-
ständnislosigkeit der französischen Regierung kam England zustatten. Frank-
reich hatte es einige Zeit in der Hand, England in der Gründung eines
indischen Kolonialreichs zuvorzukommen. Die französische ostindische Kom¬
panie hatte gleichfalls einige feste Besitzungen und den Vorteil, einige
Hwischenstaüonen auf dem Seeweg nach Indien zu haben, was England
noch fehlte. Vor allem hatte sie in Dupleix, feit 1742 Generalgouverneur
in Pondichery, der wichtigsten französischen Niederlassung, einen energischen
und kühnen Vertreter: er faßte den Plan einer Verdrängung der Eng-
länder aus Indien und mehrte den von Frankreich abhängigen Landbesch
fo daß er den größeren Teil des Dekans ausmachte, sich vom Kistna bis
zum Kap Komorin erstreckte. Aber er wurde von der Heimat nicht unter-
stützt, schließlich abberufen (1754). Der Mann, den die Engländer, denen ferne
Ungnade zugut kam, einem Clive und Warren Hastings gleichfetzen, ist, mit
schnödester Ungerechtigkeit behandelt, im tiefsten Elend gestorben. Die m-
bische Kompanie benützte mit mehr Geschick die Zerrüttung des Landes.
Als der Nabob von Bengalen Saradsch ed Daula das Fort William bei
Kalkutta eroberte und 146 gefangene Engländer in ein schmales Kerker-
lokal, bie „schwarze Höhle", warf, wo ihrer 121 in einer Nacht erstickten,
eilte der Oberst Robert Clive (fpr. Klaiv) von Madras herbei unb begruubete
durch ben Sieg bei Plaffey 1757 bie Herrschaft über dieses reiche Land.
Bald baraus (1765) erwarb bie Kompanie Bengalen. Die französische
Herrschaft würbe völlig zurückgebrängt unb auf bie jetzt noch französischen
Plätze beschränkt. In ähnlicher Weise würbe auch fernerhin bte Herrschaft
ausgedehnt, inbem bie Staatsmänner ber Kompanie bie Uneinigkeit ber
inbischen Herrscher benützten, ben Schein, bie Ehre unb bie Einkünfte ihnen
ließen bie Hügel aber ihren Hänben entwonben. Der glänzendste unb er¬
folgreichste Vertreter bieser Politik war ber erste Generalgouverneur
Warren Hastings (1773—1785). Er hat namentlich bie kriegerischen
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Mahmtten im Nordwesten des Dekans glücklich bekämpft und den Haupt¬
feind der Engländer, Haider Ali von Mysore, überwältigt. Seme rucksichts-
lose Gewaltpolitik zog ihm nach der Rückkehr einen siebenjährigen Prozeß
vor dem Oberhaus zu, der (1795) in der Zeit der Revolutionskriege mit
einer Freisprechung endigte.
England war mit einer furchtbaren Schädigung aus dem amerikanischen