Krieg hervorgegangen. Die weitaus wichtigste aller Kolonien war verloren.
In Indien erwuchs ein großartiger Ersatz. Bald darauf begann auch die
Besitzergreifung von dem durch den Seefahrer James Cook (auf der dritten
Reise auf Hawaii im Kampf mit den Eingeborenen 1779 erschlagen) näher
erforschten fünften Erdteil: Sydney ist 1788 als Verbrecherkolonie ge¬
gründet worden. Von dem gewaltigen Aufschwung der englischen Kolonial-
macht wird weiter unten die Rede sein. Aus den kleinen Anfängen ist nach
und nach in Vorder- und Hinterindien ein Reich von 5 Mill. qkm mit 315
Mill. Einwohnern geworden.
Weitere Erwerbungen brachte die folgende Periode.
VI. Deutschland im Zeitalter Friedrichs des Großen.
1. Die Aufklärung in Deutschland. Im Zusammenhang mit
der allgemeinen Zeitströmung verbreitete sich auch in Deutschland
die Aufklärung (S. 181 ff.). Im Anfang des Jahrhunderts hatte der
Pietismus weithin geherrscht. Um 1740 beginnt der Siegeszug der
Aufklärung. Man pflegt sie in der Theologie als Rationalismus zu
bezeichnen. Doch ist jener Rationalismus, der alles Übernatürliche
und Wunderbare bestritt und Gott, Tugend und Unsterblichkeit als
den Kern des Christentums ansah, nur eine Form der Aufklärung.
Auf dem radikalen Standpunkt der französischen Aufklärung, wie ihn
Friedrich der Große vertrat, stand doch nur eine Minderheit. Viele
hielten von dem alten Glauben noch vieles fest und erbauten sich an
den Liedern eines Gellert (f 1769) und seiner Dichtungsgenossen.
An ernster Frömmigkeit fehlte es der Zeit nicht. Vertieft wurde der
„Vernunftglaube" durch den Einfluß des größten deutschen Phi-
losophen Immanuel Kant (1724—1804). Von größter Bedeutung
war es, daß die Heroen der deutschen Literatur, mit Ausnahme Klop-
stocks, auf dem Standpunkt der neuen religiösen Bewegung standen,
wenn auch der öde Rationalismus einem Lessing und Herder zu schal
und auch einem Goethe nicht sympathisch war. Übrigens hat die
Aufklärung in Deutschland das biblische Christentum nie ganz zu
verdrängen vermocht. Viele, die in der Kirche das volle Evangelium
nicht fanden, fanden an der Brüdergemeinde des Grafen Zinzendorf
einen sie befriedigenden Anschluß. Der Pietismus hat während
dieser ganzen Zeit namentlich in Württemberg evangelisches Leben
wach erhalten und an dem fruchtbaren Liederdichter Phil. Friedrich
Hiller (f 1769) einen höchst wirksamen Dichter hervorgebracht. In
manchen Gebieten wie Württemberg hatte der alte Glaube auch in
dieser Zeit hervorragende Vertreter und blieb in der Kirche eine
Macht. Männer wie Lavater (f 1801), Jung - Stilling, Mat¬
thias Claudius hatten eine viel größere Gemeinde hinter sich, als
der selbstzufriedene Rationalismus ahnte. Zu den besten Früchten
der Aufklärung in Deutschland gehört die Toleranz, die mit Friedrich
dem Großen auf den Thron stieg. Auch auf dem Gebiet der Er-