Eroberungsversuche der Römer in Germanien. §. 3.
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tieften) Yssel und mit der Zuider-See. Auf dieser neuen Wasserstrasse ge¬
langte seine Flotte in die Nordsee und weiter in die Mündung der Ems, auf
welcher sie den überraschten Bructerern eine siegreiche Slromschlacht
lieferte. Als sie weiter nach der Mündung der Weser segelte und die
Chauken bedrohte, traten diese in ein ähnliches Bundesgenossen-Yerhältniss
zu Rom, wie die Bataver. Beim Beginn der ungünstigen Jahreszeit führte
Drusus die Flotte durch die Zuider-See und die Yssel nach dem batavischen
Rheine zurück.
Der zweite Feldzug (11) ging von Castra vetera aus über den
Rhein, durch das Land der Sigambrer zwischen Lippe und Ruhr bis zur
Weser. Als Drusus wegen Mangels an Lebensmitteln und der Nähe des
Winters bald den Rückzug anlrat, brachten ihm die vereinigten Cherusker
und Sigambrer schwere Verluste bei, doch schlug er die schon siegesfrohen
Germanen bei Arbalo (an den Quellen der Ruhr?) und baute an der
(miltlern?) Lippe eine Festung Aliso, sowie am Millelrhein Castel als
Brückenkopf von Mainz, an der Grenze des den Chatten (nach der Ueber-
siedlung der Ubier auf das linke Rheinufer) überlassenen Landes zwischen
Main und Lahn. Da ein Tlieil der Chatten deshalb auswanderte und sich
den Sigambrern anschloss, so legte Drusus gegen eine neue feindliche Ein¬
wanderung in dem aufgegebenen Landstriche das sog. vallum Romanwn
an; und um die Germanen von einem Angriffe auf diese Anlage abzu¬
schrecken, machte er im J. 10 einen Streifzug auf das rechte Rheinufer
und besiegte die verbündeten Chatten und Sigambrer.
Auf dem vierten Feldzuge (9) drang Drusus vom Mittelrheine
gegen die suevischen Markomannen, (damals zwischen Main und Neckar) vor
und nach einem Siege über dieselben gegen die (mittlere?) Elbe, trat aber,
mit Rücksicht auf die Nähe des Winters und die weite Entfernung von
seinen Hülfsquellen, den Rückzug an (angeblich auf die Warnung eines
Weibes von übermenschlicher Grösse), starb jedoch nach einem Sturze mit
dem Pferde.
Um das Unternehmen des Drusus zu vollenden, erhielt sein
Bruder T iberius den Oberbefehl über die Ilheinarmee (die „germa¬
nischen“ Legionen). Er brachte weniger durch Gewalt (noch zwei
Züge gegen die Sigambrer) als durch List (Bestechung und Auszeich¬
nung der Stammhäupter) alle germanischen Völker vom Rhein bis
zur Weser oder gar bis zur untern Elbe theils zur Anerkennung der
römischen Oberherrschaft, theils zu einem Bündnisse mit Rom. An
allen das Land und seine Wasserverbindungen beherrschenden Stellen
erhoben sich römische Castelle und Colonien; die Germanen gewöhn¬
ten sich allmählich an den friedlichen Verkehr mit den Römern und
duldeten nicht nur deren Besatzungen in ihrer Mitte, sondern auch
Truppenaushebungen. Deutschland wäre in ähnlicher Weise roma-
nisirt worden, wie Gallien und die Alpenländer, wenn nicht Marbod