Full text: Die neuere Zeit (Bd. 3)

Joseph’s II. Reformen. §. 25. 
123 
denen Nationalitäten bewohnten Landestheile, mit Beseitigung 
aller provinziellen Selbständigkeit, und die Germanisirung der 
nicht deutschen Nationalitäten bezweckten. Er stellte sich die 
Aufgabe, die Idee einer österreichischen Grossmacht nach Aussen, 
wie im Innern zur Geltung zu bringen. Seine raschen Neue¬ 
rungen in dem kirchlichen Angelegenheiten (Toleranzedict, Ver¬ 
leihung aller bürgerlichen Rechte an die Protestanten und Juden. 
Aufhebung einer grossen Anzahl Klöster beschaulichen Lebens 
und aller Exemtionen der noch bestehenden von der bischöf¬ 
lichen Gewalt, Beschränkung der Verbindungen der Klostergeist¬ 
lichkeit mit ihren Obern in Rom, Einführung des landesherrlichen 
„Placet“ für päpstliche Bullen und Breven) entzweiten ihn mit 
dem Papste Pius VI., der auch durch einen persönlichen Be¬ 
such in Wien (1782) ihn (und den Fürsten Kaunitz) nicht 
bewegen konnte, eine dieser Neuerungen aufzuheben, wenn auch 
in der Ausführung derselben einige Beschränkungen eintraten. 
Vor seinem Tode widerrief er, aus Furcht vor einem Abfalle 
Ungarns (wo er das Deutsche zur Geschäftssprache gemacht hatte), 
alle seine Neuerungen, die Aufhebung der Leibeigerischaft und 
das Toleranzedict ausgenommen. 
Seinen Lieblingsplan, Oesterreich durch die Erwerbung Baierns 
abzurunden, gab Joseph nicht auf und schlug deshalb (nach seines 
Ministers Kaunitz Rathe) dem (in Brüssel erzogenen) Kurfürsten 
Karl Theodor vor, Baiern an Oesterreich abzutreten und dafür 
die entfernten österreichischen Niederlande (auser Luxemburg 
und Namur, wofür gelegentlich andere Vortheile erworben werden 
sollten) unter dem Titel eines Königreichs Burgund zu nehmen, 
wodurch Oesterreich dann von aller Rücksicht auf das Nachbar¬ 
land Frankreich entbunden gewesen wäre. Der Kurfürst, dem 
auch seine rheinischen (dem neuen Königreiche benachbarten) 
Länder Kurpfalz und Jülich-Berg bleiben sollten, willigte in die¬ 
sen Ländertausch ein, aber der Herzog von Pfalz-Zweibrücken 
verwarf ihn und wandte sich an Friedrich II. Dieser trat 
abermals (wie im baierischen Erbfolgestreit) als Beschützer der 
Verfassung des deutschen Reiches und überhaupt des politischen 
Gleichgewichts auf, indem er den Vergrosserungsplänen des 
Kaisers eine Union der drei protestantischen Kurfürstenthümer 
von Brandenburg, Hannover und Sachsen, zum Zwecke der 
Aufrechterhaltung des Territorialbestandes des deutschen Reiches,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.