Die neuere Geschichte *)
Einleitung.
Am Ende des 15. und am Anfänge des 16. Jhdrts. trafen
mehrere höchst einflussreiche Begebenheiten zusammen, welche
das äussere und innere Leben der europäischen Menschheit theils
veränderten, theils völlig umgestalteten.
1) Die Eroberung des byzantinischen Reiches durch
die Türken (vollendet 1453), welche nun für lange Zeit dem
Südosten Europa’s gefährliche Nachbarn wurden, veranlasste
mittelbar das Wiederaufblühen der classischen Studien im Abend¬
lande, zunächst in Italien, vgl. Nr. 4.
2) Das Kriegswesen erlitt eine gänzliche Umgestaltung
durch die immer allgemeinere Anwendung des Schiess¬
pulvers und die Errichtung stehender Heere (zunächst in
Frankreich).
Der Gebrauch des Geschützes, dessen sich die Araber in Spanien
schon im Anfänge des 13. Jhrdrts. bedienten, kam von dort zunächst
nach Flandern und von hier nach Frankreich, wo die (mit Flan¬
dern im Kriege gegen Frankreich verbündeten) Engländer es kennen
lernten. Die persönliche Tapferkeit verlor dadurch an Bedeutung und
die Reiterei ihre Ueberlegenheit; der Infanteriedienst kam jetzt zu
Ehren. Das bürgerliche Fussvolk (in der grossen Mehrzahl gewor¬
bene Söldner) drängte die ritterliche Reiterei des Mittelalters immer
mehr in den Hintergrund.
Das Bedürfniss, durch Massen zu entscheiden und diese syste¬
matisch einzuüben, namentlich im Gebrauche der Feuergewehre,
führte auf die Errichtung stehender Heere, zunächst in den
Burgunderkriegen Karl’s VII. von Frankreich, der zuerst (1445) eine
*) Fr. v. Raumer, Geschichte Europa’s seit dem Ende des 15. Jahr¬
hunderts, 1832 — 1850, bis jetzt 8 Bde. (—1795). — Leop. v. Ranke,
sämmtliche Werke, bis jetzt 18 Bde. 1870. — Geschichte der europäischen
Staaten, herausgegehen von A. H. L. Heeren und F. A. Ukert, bis jetzt
70 Bde.
Pütz, Grundr. f. obere Kl. III.
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