Full text: Geschichte für Mittelschulen und ähnliche Lehranstalten der Provinz Sachsen

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ein gewaltiger Prediger war, fand er viele Anhänger, so daß er es wagen konnte, 
eine gegen ihn erlaffene päpstliche Bannbulle zu verbrennen. 
3. Die Kirchenversammlung zu Konstanz. Im Jahre 1414 
wurde endlich auf das Drängen Kaiser Sigismunds von dem einen 
der drei Päpste, der den größten Anhang hatte, eine allgemeine 
Kirchenversa mmlung (ein Konzil) nach Konstanz berufen. Sie bot 
ein glanzvolles Bild. Mannigfarbig und kostbar waren die Gewänder 
der hohen Geistlichen und ihres Gefolges, reich und prächtig die Trachten 
der weltlichen Fürsten und ihrer Ritter. Die Häuser der Stadt reichten 
nicht aus, die Gäste zu beherbergen; viele wohnten in prächtigen Zelten 
vor den Toren. Die Versammlung sollte 1. die Einheit der Kirche durch 
Beseitigung der Kirchenspaltung und durch die Ausrottung der hussitischen 
„Ketzerei" wiederherstellen; 2. die vielen sonstigen Mißstände in der Kirche 
durch eine Besserung (Reformation) an Haupt und Gliedern heben. 
Die Kirchenspaltung war bald beseitigt; alle drei Päpste wurden 
abgesetzt. Dann ward Huß vorgeladen, um sich zu verantworten. 
Es war ihm vom Kaiser freies Geleit hin und zurück zugesichert 
worden. Doch warf man ihn bald nach feiner Ankunft ins Ge- 
fängnis. Er wurde zum Widerruf aufgefordert, beharrte aber bei 
feiner Lehre und berief sich auf die Bibel. Weil er sich nicht 
fügen wollte, erklärte ihn die Versammlung in Gegenwart des Kaisers 
für einen Ketzer. Dem aus der Kirche Ausgestoßenen durste nach der 
Anschauung der Versammlung das Geleit nicht gehalten werden, und 
die weltliche Obrigkeit vollzog an ihm die auf Ketzerei gefetzte Strafe 
des Feuertodes, die er fromm und gottergeben über sich ergehen ließ. 
So meinte man, die Einheit der Kirche wiederhergestellt zu haben, und 
wählte einen neuen Papst, um mit ihm zusammen die Reformation 
vorzunehmen. Aber zu einer solchen kam es nicht, da die Versamm¬ 
lung die Macht und die Einkünfte des Papstes mehr beschränken wollte, 
als dieser nach feiner Meinung zugeben konnte. 
. Hussitenkriege. Über die Hinrichtung ihres Lehrers Huß gerieten 
seme AnHanger, dte Hussiten, in großen Zorn und griffen zu den Waffen Ihre 
Hauptforderungen waren der Laienkelch und die freie Predigt. Mit dem Kelche 
in der Hand riefen die Führer das Volk zum Kampfe auf Überall wurde nun der 
Kreuzzug gegen die Hussiten gepredigt. Unter der Führung des einäugigen Ziska 
errangen sie aber Sieg auf Sieg. Darum hielten sie sich für das auserwählte Volk 
Gottes, das zur Zuchtrute für die ungläubige Menschheit ausersehen sei. Es er- 
folgten furchtbare Einfälle in die benachbarten Länder, und rauchende Trümmer 
bezeichneten ihren Weg. Außer Brandenburg, dessen Kurfürst Friedrich I. von 
HohengoHem Feldherr des Reichsheeres gegen die Hussiten war, hatte besonders 
, ^u leiden. An Naumburg wollte der Hussitensührer Prokop 
furchtbare Rache nehmen, weil der dortige Bischof für den Feuertod des Huß 
eingetreten war. Doch ließ sich der Grausame durch eine Prozession der 
Naumburger Kinder rühren und zum Abzug bewegen. Zum Andenken an 
diese wunderbare Rettung wird noch heute in Naumburg alljährlich (28 Juli) 
das Hussiten- oder Kirschfest gefeiert. - (Einige Geschichtsforscher verlegen die 
Belagerung Naumburgs durch böhmische Hilfstruppeu in den thüringischen 
Bruderkrieg, der zwischen Wettmer Fürsten stattfand. 1446.) — Der sürchter- 
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