Full text: Das Mittelalter (Teil 2)

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Herrschaft über Westfranken berufen ward und so zum letztenmal das 
Reich Karls des Großen vereinigte. 
Kar! der Dicke (882—87). Unter diesem zwar frommen und 
gelehrten, aber unkriegerischen und bald auch durch Krankheit an der Re- 
gierung behinderten Regenten war das Reich im Nordwesten der Tummel- 
platz der Normannen, welche von Schweden, Norwegen und Dänemark 
aus die atlantischen Küsten von der Elbe bis zur Garonnemünduug plün- 
derten, im Südosten, an der bayerischen Grenze, der Mähren. Swatopluk 
von Mähren, der erste große Panslavist, dehnte seine Herrschaft über die 
Böhmen und Sorben, über die oberen Weichfelgegeudeu und einen großen 
Teil Ungarns aus uud verheerte zugleich die Marken nördlich und südlich 
der Donau. Karl erwies sich den Mähren wie den Normannen gegenüber 
unfähig. Und zugleich regte sich gegen den von der Geistlichkeit geleiteten 
Kaiser der Laienadel, der alte Gegner des Klerus uud der vom Klerus 
vertretenen Reichseinheit. Mit dem Laienadel verband sich das National' 
gefühl der Stämme. Von Bayern, das sich von seiner führenden Stellung 
ausgeschlossen sah, ging die Empörung aus. Auf einem Tage zu Tribur 
887 wurde Karl für abgesetzt erklärt, das Reich Karls des Großen löste 
sich endgültig auf. Die ostfränkischen Großen erhoben Karls Neffen 
Arnulf, die westfränkischen den Grafen Odo von Paris, welcher (898) 
nach einem verheerenden Bürgerkriege die Krone an Karl den Einfältigen 
abtrat. Im südöstlichen Frankreich, südlich vom Gensersee, hatte schon früher 
(879) der Schwiegersohn des Kaisers Ludwig IL, Graf Boso, ein selbständiges 
Königreich Nieverburgund mit der Hauptstadt Arles gegründet. Nördlich 
von diesem, zu beiden Seiten des Schweizer Jura (westlich bis zur Saone, 
östlich bis zur Reuß), entstand nunmehr ein neues Königreich Hochburgund 
unter dem Grafen Rudolf aus dem Hause der Welsen. In Italien stritten 
sich Herzog Wido von Spoleto und Markgraf Berengar von Frianl um die 
Herrschaft. 
Italien und Burgund sind fpäter durch Personalunion mit dein deutschen Reiche 
vereinig! worden. Ostfranken und Westsranken aber, auf deren Verbindung das Wesen 
des fränkischen Reiches beruht batte, blieben fortan dauernd getrennt. 
Arnulf (887—899), den nicht bloß seine Verwandtschaft mit dem 
karolingischen Hause, sondern auch seine Tüchtigkeit empfohlen hatte, rettete 
das Reich gegen Normannen wie Slaven. Die Normannen verschonten 
seit ihrer Niederlage bei Löwen (891) wenigstens die deutschen Länder mit 
ihren Einfällen, das großslavische Reich Swatopluks von Mähren aber 
löste sich nach seinem Tode (894) auf. Die bisherigen Bundesgenossen der 
Mähren, Abotriten, Sorben und Tschechen, erkannten die deutsche Oberherrlichkeit 
wieder an. Obwohl vom Laienadel erhoben, kehrte Arnulf später zu dem von 
Doberl, Lehrbuch der Geschichte II. 5
	        
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