Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Abt. 4)

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§ 25. Geistesleben in Deutschland. 
unverfälschten Natur stellt Haller in seinen „Alpen“ auf. 
In dem Kampf der Leipziger und Schweizer trägt über die 
Geschmackspoesie eines Gottsched die Poesie der Phantasie 
und des Gemütes, wie sie Bodmer und Breit in ge r wollen, 
den Sieg davon. 
III. Dritte Stufe. Das „Friedericianische Zeit¬ 
alter“! Einwirkung der Aufklärungsgedanken s. § 21, I., 3. 
Friedrich weckt mit seinen Thaten die Geister, giebt den 
Vorstellungen und Gedanken seines Volkes einen grossen ge¬ 
schichtlichen Inhalt und beseelt die Gemüter durch das Gefühl 
des Grossen und Erhabenen. Sein Einfluss selbst da erkenn¬ 
bar, wo er eher hemmend zu wirken scheint. 1) Vater¬ 
landsliebe. Abgeblasstes Weltbürgertum unter Einwirkung der 
Aufklärungsgedanken (Schillers Don Carlos). Lessings herber 
Anspruch: „Die Deutschen sind noch keine Nation“. Dennoch 
Erwachen des Nationalgefühls ! Klopstock singt schwung¬ 
volle Lieder zum Preise des (freilich idealen) Vaterlandes. 
Vaterländischer Sinn im engeren Vaterlande Preussen. Auf¬ 
treten Preussischer Dichter wie Gleim und Ramie r. Ein 
Lessing, der unentwegte Vorkämpfer gegen das Franzosen- 
tum der Bühne, schreibt Minna v. Barnhelm, ein echt 
preussisches Stück. 2) Litteratur und Ivunst. Insbesondere 
zwei treibende Mächte erkennbar, a) Das Rousseausche 
Natur ideal. Klopstocks Darstellungen der urgermani- 
schen Zeit. Dessen Nachwirkung im „Hainbund“ (Hölty, 
die beiden Stolberg, Bürger, Claudius, Voss’ Luise). 
Herder geht der Natur in Leben, Dichtung und Anschau¬ 
ungen des Volkes nach (Herausgabe der Volkslieder) und regt 
die jüngeren Geister mächtig an. Eine Gärung bemächtigt 
sich dieser — die sogenannte Sturm- und Drangperiode 
_ aus der die edelsten Geister geläutert hervorgehen, b) Das 
Griechentum (Vgl. § 21, I, 3)- Goethes klassische Periode 
(Iphigenie, Egmont, Tasso Früchte seiner italienischen Reise 
1786— 1788). 
Das Friedericianische Zeitalter die Entwickelungszeit 
unserer klassischen Litteratur. Drei Dichter- und Denker¬ 
paare: 1) Klopstock, der schwungvolle Sänger des Un¬ 
endlichen und Übersinnlichen, und Wieland, der gefällige 
Dichter des Endlichen und Sinnlichen. 2) Lessing, der 
feinsinnige Kritiker dichterischer Form, und Herder, der tief¬ 
sinnige Beurteiler dichterischen Inhalts. 3) Goethe, dei 
naive, und Schiller, der sentimentalische Dichter.
	        
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