Full text: Römische Geschichte (Abt. 2)

128 Vierter Zeitraum. — § 44. Geistesleben und Sittenzustände etc. 
und Handel nehmen bei der christlichen Anschauung von 
dem Werte der Arbeit, besonders in den Seestädten, noch 
einmal einen gewissen Aufschwung, sinken aber in der Kriegs¬ 
not herab. 
Die Beamten üben, geschützt durch den Namen des 
Kaisers, vielfach harten Druck auf die Unterthanen aus und 
bereichern sich auf deren Kosten (Westgotenempörung). Der 
Steuerdruck wächst ins Unerträgliche. 
Die Kirche, wo vom Hofe abhängig, bewahrt nicht die 
Demut und Sittenstrenge der ältesten Christengemeinden. 
Unter den hohen Geistlichen sind viele prunksüchtig und hof- 
färtig (vgl. dagegen Ambrosius von Mailand und Augustinus). 
Auch der Gottesdienst wird prunkvoller gestaltet. 
Der Glaubenskampf, für den die alte Bildung die Waffen 
liefert, wird oft zur Glaubenszänkerei und führt zur Unduld¬ 
samkeit. Kampf gegen die nichtkatholischen Arianer (zum 
großen Teil Germanen). 
Der Hof zwar im ganzen sittenrein, doch prachtliebend, 
üppig und hohlem Formenwesen verfallen. 
III. »Sitte. Die heidnische Weltlust wird durch das 
Christentum gezügelt und verkehrt sich schließlich zu Welt¬ 
entsagung. Die ersten Mönche in Egypten. Zu den Kirchen, 
die sich über den Gräbern der Märtyrer erheben, wallfahrten 
unzählige Gläubige. An Stelle der heidnischen Feste christ¬ 
liche Liebesmahle. Die Tierhetzen und Fechterspiele ver¬ 
schwinden, die Lust am Wagenrennen bleibt (Parteien des 
Cirkus „die grünen“, „die blauen“). 
IV. Bildung. Der alte Bildungsgang des Triviums 
und Quadriviums erfährt durch das Christentum keine wesent¬ 
liche Änderung. Der Neuplatonismus (s. o. S. 119), von 
Plotin systematisch durchgebildet, wird vielfach ein Binde¬ 
glied zwischen antiker Bildung und Christentum. 
Die lateinische Sprache wandelt sich unter dem Einfluß 
der neuen germanischen Bevölkerung. Aus der Volksmund¬ 
art entwickeln sich die romanischen Sprachen. Das Latein 
bleibt Kirchensprache des Abendlandes. 
A. Litteratur, a) Die Dichtungen bewahren rhetorisches 
Gepräge.*) b) In der Geschichtsschreibung erheben sich der 
griechisch schreibende Dio Cassius (3. Jahrh.) und der latei- 
*) Ausonius (Mosella), Claudianus (Lobgedichte wie de laudibus 
Stilichonis) u. a.
	        
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