Der Höhestand der Gegenreformation :c.
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Spanien die alten Landrechte der einzelnen Provinzen und die Frei-
heiten ihrer Stände und beugte alles gleichmäßig unter ein eisernes
bureaukratisches Regiment, an dessen Spitze er selbst in finsterer Ab-
geschlossenst mit wenigen vertrauten Räten (Ruy Gomez, Fürst von
Eboli; Herzog von Alba) in seinem Kabinett waltete. Dabei erhob er
auch die Kirche zu unerhörtem Reichtum und fast unumschränkter
Macht, die aus dem wirtschaftlichen Leben Spaniens mit erdrückender
Schwere lasteten. *) Namentlich Ackerbau und Bauernstand wurden
durch Anhäufung ungeheurer Liegenschaften in kirchlichem Besitz zu
Grunde gerichtet; der Handel sank durch die von der Inquisition
veranlagte Absperrung gegen das Ausland, und die Kolonieen wurden
erschöpft durch die unbarmherzige Ausbeutung ihrer Schätze zur
Durchfechtung der im Dienste der Gegenreformation unternommenen
unglücklichen Kriege. Dazu kam noch der Schaden, der dem bisher
herrlich blühenden südlichen Spanien durch die grauenvolle Nieder¬
schlagung des Aufstands der Moriscos zugefügt wurde (1568Aufstand
bis 70), welche, bisher bei Sitte und Sprache gelasfen und in Glaubens- ^scos.^
fachen nachsichtig behandelt, durch plötzliche Versuche zu gewaltsamer 157°-
Entnationalisierung zu verzweifeltem Aufstand getrieben, von Philipps
Halbbruder Don Juan d'Auftria besiegt und teils niedergemacht,
teils aus dem Lande gejagt wurden. Als Vorkämpser der Kirche
wurde Philipp auch gefeiert für den glänzenden Sieg, durch den seine
Flotte unter Don Juan d'Auftria 1571 in Gemeinschaft mit der
päpstlichen (Pius V.) und der venetianifchen beiLepanto die türkische ®WL
Seemacht fast vernichtete, obgleich er durch fein Mißtrauen den hoch-
strebenden Sieger (Don Juans Plan zur Befreiung und Heirat Maria
Stuarts [§ 34]) an der Ausnutzung der gewonnenen Vorteile hinderte.
Am furchtbarsten aber offenbarte sich die unbedingte Hingabe Philipps
an die von ihm erfaßte Aufgabe und die absolute Unterordnung seines
ganzen Denkens und Fühlens unter ihren Dienst in dem Konflikte
mit feinem ihm durchaus unähnlichen, körperlich und geistig zurück-
gebliebenen Sohne Don Karlos, der, eine unbändige und wild leiden-
schaftliche Natur und irregeleitet, in Haß gegen den Vater entbrennend, * 1568-
zur Fortführung von besten Lebenswerk unfähig war und darüber
1568 durch eigene Schuld elend zu Grunde ging.
*) Einer Zahl von c. 450000 Zivildienern und Beamten standen 770000
geistliche Personen gegenüber, darunter 46000 Mönche und 13800 Nonnen in
11400 Klöstern!