Full text: Allgemeine Weltgeschichte

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Griechische Geschichte. 
dieser tief im hellenischen Volkscharakter wurzelnde Trieb nach individueller 
politischer Gestaltung in der Ausbreitung der Griechen über die ganze 
Mittelmeerküste. Nirgends hat die Kolonisation zu größeren Staaten- 
bilduugeu unter der Mutterstadt als Haupt geführt. Dennoch fühlten 
«tSTM Griechen als ein Volk durch die gemeinsame Sprache und Denk- 
weise, die gemeinsamen Ideen in Dichtung uud Sage, die gleichen reli- 
giösen Anschauungen, die Gleichheit des Geschickes, die gleiche Kultur- 
Entwicklung uud die Gemeinschaft des Namens Hellenen oder PanHellenen 
im Gegensatz zu allen NichtHellenen, den Barbaren. Gerade im Zeitalter 
der Kolonisation erstarkte das nationale Bewußtsein. Durch die gegen- 
feitige Berührung infolge des Handels uud Verkehrs uud durch den 
Gegensatz zu den fremden Nationen wurde in den Griechen die Idee 
der Nation, eines gemeinsamen Vaterlandes lebendig. Den sichtbarsten. 
Ausdruck fand die nationale Zusammengehörigkeit in drei Einrichtungen: 
den Tempelvereinen oder Amphiktyonien, den Nationalspielen und den 
Orakeln. 
PolythciZ- § 34. Die griechiFche Religion und IBythoIogie. Gar leicht 
muj- geht ein Volk, das anfangs dem Monotheismus huldigt, durch die Per¬ 
sonifikation der Naturkrüfte zum Polytheismus über. Ein weiterer 
Schritt ist, daß diesen Naturgottheiten menschliche Eigenschaften in 
Anthropo- idealer Vollkommenheit beigelegt werden (Authropomorphismus). Auf 
"muf.18' dieser Entwicklungsstufe finden wir die griechische Mythologie schon bei 
Homer. Durch den Genuß von Ambrosia und Nektar erlangen die Götter 
Unsterblichkeit und ewige Jugend und Kraft, also das, was dem Hellenen 
als der Inbegriff der höchsten Seligkeit erschien. Der Zwiespalt, einer- 
seits die Götter als übermenschlich anderseits sie mit menschlichen Eigen- 
schaften ausgestattet und menschlichen Verhältnissen unterworfen zn denken, 
führte in der Religion zu steten unlösbaren Schwierigkeiten. 
Die Abstam- Die vermenschlichten Götter muß matt sich in der Zeit entstanden 
be"®ftter. denken. über die Abstammung der Götter finden wir bei den Griechen 
zwei Auffassungen, deren älteste Vertreter Horner und Hesiod sind. Horner 
sieht im Ozean den Urgrund alles Seins und den Vater der Götter. 
Hesiod führt in seiner Theogonie die ganze Natur auf das Chaos 
zurück, das man später teils als den leeren, unermeßlichen Raum teils 
als schlammige Urmaterie faßte. Aus dem Chaos entstehen Uranus und 
Gaea (Himmel und Erde). Sie haben sechs Söhne und sechs Töchter, 
die Titanen, die offenbar als Personifikationen der Natnrkräfte aufzu- 
fassen sind. Andere Kinder, die Giganten, werden von späteren Dichtern 
oft mit den Titanen verwechselt, so daß neben die Titanomachie die Gi- 
gantomachie tritt. Einer der Titanen. Kronos, gewinnt die Herrschaft, 
wird aber von feinem Sohne Zeus gestürzt und samt den anderen TU 
tonen in den Tartarus geworfelt. Diese Auffassung darf man wohl 
auf gelehrte Spekulationen zurückführen. Uranus und Gaea sind
	        
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