Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

§ 8. Richelieu und Mazarin. 17 
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nahmen Literatur und ^tesleben 
Wissenschaft in England einen bedeutenden Aufschwung. John Milton 
schrieb das „Verlorene Paradies" (vgl. § 2) und Dryden, der Poeta lau- 
reatus der letzten Stuarts, seine Oden und politischen Satiren. Der Philo- 
soph Locke wurde durch seine Lehre, daß alle Erkenntnis auf sinnlicher 
Wahrnehmung und Reflexion beruhe, der Begründer des Empirismus, wäh- 
rend der Naturforscher Newton auf den Gebieten der Mathematik und 
Physik (Schwerkraft) bahnbrechende Entdeckungen machte. 
B. Frankreich im 17. Jahrhundert. 
§ 8. Richelieu und Mazarin. Am Ende des 16. Jahrhunderts war senemi- 
die Macht des Königs von Frankreich noch beschränkt; wesentliche Rechte Lammte, 
der obersten Staatsgewalt lagen in den Händen der Generalstände 
(Etats generaux), d. h. einer Vertretung der Geistlichkeit, des Adels und 
des Bürgertums, und der Parlamente, d. h. der obersten Gerichtshöfe. 
Die Stellen an diesen Parlamenten waren erblich und käuflich; es bildete 
sich allmählich aus dem Kreise der Familien, deren Mitglieder sie zu be- 
fetzen pflegten, ein Parlamentsadel heraus (Noblesse de robe). Die 
Parlamente behaupteten, daß königliche Erlasse erst durch die Eintragung 
in ihre Register Gesetzeskraft erhielten, und übten damit tatsächlich das 
Recht der Steuerverweigerung aus. Überdies nahm der hohe Adel, der 
in den Religionskriegen seine Selbständigkeit befestigt hatte, das Vorrecht 
in Anspruch, den Befehlen des Königs bewaffneten Widerstand zu leisten. 
Dieses Recht hatte das Edikt von Nantes auch den Hugenotten ein¬ 
geräumt, indem es ihnen die Besetzung mehrerer fester Plätze zugestand. 
Im Kampfe gegen diese Kräfte ist als Vertreterin der Einheit der Staats- 
gewalt die absolute Monarchie geschaffen worden, die in der Folgezeit 
für viele Staaten Europas vorbildlich geworden ist. 
Ihr vornehmster Begründer ist Richelieu gewesen, Frankreichs größter Richelieu 
Staatsmann im 17. Jahrhundert. Armand du Plessts, Herzog von Richelieu <1624 1642)- 
und Kardinal, wurde im Jahre 1624 von Ludwig XIII., dem Sohne 
Heinrichs IV., zum ersten Minister berufen. Er hatte zwei Ziele fest im 
Auge: im Innern jeden Widerstand gegen die volle Entfaltung der fönig* 
liehen Gewalt zu brechen, nach außen Frankreichs Macht auf Kosten 
des Hauses Habsburg zu vergrößern, wie das schon Franz I. und Hein- 
rieh IV. getan hatten. Diese Politik führte zu dem scheinbar sich wider- 
sprechenden Ergebnisse, daß er den Protestantismus außerhalb Frankreichs 
unterstützte, im eigenen Lande dagegen feiner politischen Vorrechte ent- $e^Effe 
kleidete. Die Generalstände berief er niemals und wies die politischen 
Ansprüche der Parlamente zurück. In schweren Kämpfen warf er den 
Adel nieder, obwohl die Königinmutter1 und der Bruder des Königs auf 
dessen Seite standen, und schickte sogar nach dem Siege mehrere feiner 
1 Maria von Medici, deren glanzvolle Hochzeit mit Heinrich IV. Rubens in 
prächtigen Bildern dargestellt hat, starb arm und verlassen in Cöln. 
Pfeifer, Geschichte. VI. D. 2
	        
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