§ 128.129. Das Lebensende Wilhelms I. und Friedrichs III.
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dieses nach dem Russisch-türkischen Kriege auflöste, 1879 mit Österreich-
Ungarn einen Bund des Friedens und der gegenseitigen Verteidigung
schloß, dem 1883 Italien beitrat. Dieser „Dreibund" besteht nn-
unterbrochen bis zur Gegenwart.
Am 9. März 1888 schied Wilhelm I., der „Große", aus seinem Friedrich m.
wechselvollen und doch reichgesegneten Leben. Ihm folgte sein einziger
Sohn Friedrich Wilhelm (als preußischer König Friedrich III.), der, ge¬
boren am 18, Oktober 1831 und seit 1858 mit Viktoria, Prinzeß Royal
von England, vermählt, beim Ableben seines Vaters in San Nemo (an
der Riviera) weilte, um daselbst Heilung von schwerer Krankheit zu suchen.
Er kehrte alsbald heim, um die Regierung zu übernehmen, erlag aber be-
reits am 15. Juni in Potsdam seinem Leiden.
Sein ältester Sohn Wilhelm II., der hierauf den Thron bestieg, Wilhelm n.
ist geboren am 27. Januar 1859 und seit 1881 vermählt mit Auguste
Viktoria, der ältesten Tochter des Herzogs Friedrich von Schleswig-
Holstein-Sonderburg-Augusteuburg (vgl. § 105). Er ist vom ersten Tage
seiner Regierung an mit Erfolg bemüht, seinem Volke die Segnungen
des Friedens zu erhalten, im Innern das von seinem Großvater begon-
nene Werk der sozialen Gesetzgebung zu fördern, nach außen durch Ver-
mehrung der deutschen Seemacht dem Reiche die Stellung einer Welt-
macht zu sichern. Auf dem Gebiete des Schulwesens und des geistigen
Lebens überhaupt hat er dem deutschen Volke bereits eine reiche Fülle
dankenswerter Anregungen geboten.
Zwei Jahre nach dem Tode Wilhelms I, wurde Fürst Bismarck
aus seinen Ämtern als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident
entlassen.1 Im nächsten Jahre (1891) starb Graf Moltke, nachdem er
schon 1888 seine Stellung als Chef des Großen Generalstabes nieder-
gelegt hatte. Bismarck lebte seit seinem Rücktritt auf seinem Gute im
Sachsenwalde zu Friedrichsruh (bei Hamburg), wo er am 30. Juli
1898 starb. Damit gelangte ein Zeitalter zum Abschluß, das, wie sich
auch die Geschicke Deutschlands in der Zukunft gestalten mögen, stets zu
den glänzendsten Epochen der Geschichte unseres Vaterlandes zählen wird.
Das Ausland int Zeitalter Wilhelms I.
§ 129. Rußland und die Balkanstaaten. Alexander II., der 1855Raubetn.
seinem Vater Nikolaus I. gefolgt war, hob (1861) die Leibeigenschaft der (18°5 1881)'
Bauern in Rußland auf, konnte aber die übrigen inneren Schäden des
Reiches nicht heilen. Die panslawistische Bewegung, die die Vereini¬
gung aller slawischen Völker unter russischer Führung anstrebt, gewann
an Ausdehnung und drängte den Kaiser schließlich dazu, sich in die
Wirren einzumischen, die auf der Balkanhalbinsel ausgebrochen
waren. Hier hatten Serbien und Montenegro einen Ausstand unter-
i Ihm folgten General von Caprivi, 1894 Fürst Hohenlohe - Schillingsfürst,
1900 Fürst Bülow, 1909 von Bethmann Hollweg.
Pfeifer, Geschichte. VI. D. 15