§ 45. 46.
Lebensweise des Königs. —
Die erste Teilung Polens.
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§ 45. Lebensweise des Königs. Nach dem zweiten Schlesischen
Kriege hatte sich der König bei Potsdam das Lustschloß Sanssouci Sanssouci,
gebaut, das er seitdem in jedem Sommer bewohnte. Hier hatte er einen
Kreis geistvoller Männer, dem auch Voltaire vorübergehend angehörte,
um sich versammelt. Als er aus dem Siebenjährigen Kriege zurückkehrte,
war er ein durch Sorge und Anstrengung früh gealterter und verbitterter
Mann; die meisten feiner alten Freunde waren gestorben, neue gewann
er sich nicht mehr.
Wie in der Staatsverwaltung, so herrschte auch in seinem Hofhalte HofM.
die größte Sparsamkeit und Einfachheit; den weitaus größten Teil seines
persönlichen Einkommens verwandte er zu Unterstützungen. Er pflegte
die Musik und blieb der Poesie, Philosophie und Geschichte, seinen Lieb-
lingsstndien, treu, bewahrte sich auch feine Vorliebe für die französische
Literatur und bemerkte darum kaum, daß sich in Deutschland schon
eine weit bedeutendere Dichtung zu entfalten begonnen hatte. Wie fremd
er dem geistigen Leben der Nation gegenüberstand, zeigt feine Schrift
De la litterature allemande (1780). Seine Tagesarbeit und Arbeits-
einteilnng war das ganze Jahr hindurch streng geregelt. Im Sommer
besuchte er die Provinzen, nahm die auf Staatskosten unternommenen
Arbeiten und Verbesserungen in Augenschein und besichtigte die Truppen.
Im Winter bezog er das Stadtschloß zu Potsdam; einige Monate wohnte
er in Berlin. Das Neue Palais, das er nach dem Siebenjährigen Kriege
erbaute, hat er nur selten benutzt.
§ 46. Die erste Teilung Polens (1772). Seitdem Polen nach dem Zustände in
Aussterben der Jagellonen (1572) ein Wahlreich geworden war, geriet ^0leiL
es allmählich in vollständigen Verfall. Dem unter sich beständig uneinigen
Adel und der Geistlichkeit gegenüber war das Königtum machtlos, der
Staat also tatsächlich eine Republik. Ein Bürgertum, von dessen Bestände
das wirtschaftliche Gedeihen eines Volkes abhängig zu sein pflegt, hatte sich
nicht entwickelt; die Bauern waren leibeigen und verkamen im Elend.
Staatsreligion war der (römische) Katholizismus; alle Andersgläubigen
(„Dissidenten") waren rechtlos.
Nachdem schon zur Zeit Augusts III. Rußland seinen Einfluß in Einmischung
Polen immer stärker zur Geltung gebracht hatte, strebte Katharina II. 5Ru6Ianb5'
danach, das Land in einen russischen Schutzstaat zu verwandeln. Sobald
ihr Günstling Stanislaus Pouiatowski zum König erhoben worden
war (1764), wurde an den Reichstag der Antrag gestellt, den Dissidenten
freie Religionsübung und Zutritt zu den öffentlichen Ämtern zu gewähren.
Die leidenschaftliche Zurückweisung dieses Antrages rief den Zusammenschluß
der einander feindlichen Parteien zu zwei Adelsbündnissen und endlich den
offenen Bürgerkrieg hervor. Diese Wirren gaben Rußland Gelegenheit,
seine Truppen in Polen einrücken zu lassen. Als sich auch die Türkei
einmischte und Rußland angriff, erlitt sie schwere Niederlagen.