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Aus der Geschichte des Altertums.
die er durch Flechtwerk untereinander verband, und schuf damit den
„Limes".
Der rheinische Limes begann auf dem rechten Ufer des Stromes etwa
an der Lahnmündung, lief erst nach Südosten, dann auf dem Kamm des
Taunus entlang nach Osten, umschloß die reiche Wetterau und wandte
sich schließlich nach Süden, etwa bis zum Hochstaufen. Hier traf er auf
den rätischen Limes, der bis zur Mündung der Altmühl in die Donau
reichte. Das ursprüngliche Flechtwerk wurde später durch Palisaden, endlich
in Obergermanien durch Wall und Graben, in Rätien durch eine
Steinmauer ersetzt. In gewissen Entfernungen erhoben sich Wachttürme,
die einen Ausblick auf das davor liegende freigehaltene Gelände erlaubten.
Hinter der Linie lagen kleine Kastelle, für eine oder mehrere Kohorten
bestimmt, aus Stein gebaut. (Vgl. die Saalburg bei Homburg v. d. H.)
Sie waren mit Auxilien, Hilfstruppen, besetzt. Das Land am Schwarz-
wald und Neckar, die agri decumates, „ZehtttlartS)", wurde keltischen
Ansiedlern zur Bebauung überlassen. Die römischen Legionen, der Kern
des Grenzheeres, hatten ihre Standquartiere auf dem linken Rheinufer.
Moguntiacum (Mainz) und Castra vetera (Xanten) waren die beiden Haupt-
quartiere. Der Limes diente nicht fo sehr zur Verteidigung wie zur Ab-
sperrnng der Grenze und ermöglichte eine genaue Beobachtung und sofortige
Benachrichtigung über alle feindseligen Bewegungen bei den Germanen
An den Standquartieren siedelte sich eine friedliche gewerbtreibende
Bevölkerung an, es erwuchsen hier Städte, so am Rhein Straßburg
(Argentoratum), Worms, Speier, Mainz, Coblenz, Bonn, Cöln (Coloma
Agrippinensis), Nymwegen, Utrecht; ferner Aachen, Trier (Augusta Trevi-
rorum); im Donaugebiet Augsburg (Augusta Vindelicorum), Regensburg
(Castra regina), Passau und Wien.
Noch heute legen die Reste römischer Bauten in den genannten
Städten, zumal in Trier, von der hohen Kultur Zeugnis ab, die einst
hier geschaffen wurde.
Die German en, durch die Grenzfperre an weiterer vi it sc -
dehnung nach Westen gehemmt, gingen zu festerer Seßhaftig-
feit über. Sie lernten im Grenzverkehr mit den höher gesitteten
Nachbarn alle Betriebsmittel des Ackerbaues und ihren Gebrauch kennen,
die es ihnen erst ermöglichten, sich in bäuerliche Verhältnisse einzuleben.
Lehnworte der deutschen Sprache haben die Erinnerung an diese Ab-
hänaiakeit aufbewahrt.
§ 9. Kämpfe der Kaiser im Osten. Bei der Beurteilung der Leistungen
des Römischen Reiches im Kriege gegen die Germanen ist nicht zu ver-
gessen, daß seine militärischen K^äste gleichzeitig auch auf anderen Schau-
Plätzen in Anspruch genommen wurden. Namentlich war es der Orient
und hier die Euphratgrenze, die eine fast ebenso starke Schutzwehr wie
Rhein und Donau verlangte.