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93. Peter Nischer, St. Petrus (Sebaldusgrab). 94. Peter Bischer, König Althur von England.
Ein wahres Wunderwerk des Erzgusses ist das in langjähriger Arbeit von Peter Bischer
und seinen Söhnen geschaffene Sebaldusgrab in Nürnberg. Noch ganz gotisch im Aufbau ist
es umgeben von einer Fülle kleiner Bildwerke, die den Geist der Renaissance atmen, darunter
die Statuetten der 12 Apostel, von denen 93 ein Beispiel gibt. Der natürliche Fluß der Ge-
wandfalten hat alles Knitterige der Gotik überwunden, aus der scharfen Wendung des echt
deutschen Kopfes spricht ein starkes Eigenleben. — Zwei überlebensgroße Statuen aus Wischers
Werkstatt halten als Ahnen am Grab des „letzten Ritters" in der Hofkirche zu Innsbruck Wacht.
„König Arthur" (04) erinnert daran, daß Deutschland das Land der besten Waffenschmiede war;
aber auch wie ungezwungen, frei auf sich gestellt, mit gelassener Ruhe steht die Figur da! Damit
war die volle Höhe erreicht, die Errungenschaften der italienischen Renaissance mit deutschem
Wesen aufs innigste vermählt: Peter Bischer bedeutet die Hochrenaissance der deutschen Plastik!
Schauen wir auf den durchlaufenen Weg zurück. Anderthalb Jahrtausende christlicher Kunst
liegen hinter uns. Zwar nur in wenigen Höhepunkten, aber doch ist eins deutlich: wie im Altertum,
so ist es auch im christlichen Zeitalter die Religion, die der Kunst die höchsten Aufgaben stellt.
In der Art, wie diese Aufgaben gelöst werden, spiegelt sich das Verhältnis des Menschen zu
der höheren Welt, von der er sich abhängig fühlt, und damit seine eigene innere _ Welt
wider, und auch die Kunst der so trotzig auf das Recht des Individuums pochenden Renaissance
stellt sich schließlich doch wieder in den Dienst der in der Kirche verkörperten Religion. Eine
neue Auffassung jenes Verhältnisses auch in der bildenden Kunst bahnt erst an das Ereignis,
das am Anfang der neuen Zeit steht: die Reformation.
Druck von Karl Marquarl in Leipzig.