1. Friedens-Präliminarvertrag. — 2. Kultur und Krieg 31
schließen ist, wird in Brüssel unverzüglich nach Notifikation der letzteren
durch die Nationalversammlung [in Bordeaux) und Se. Majestät den
Deutschen Kaiser stattfinden.... v. Bismarck. R. Thiers. Jules Favre.
2. Kultur und Krieg.'
Übersetzt aus der Nation Neuyork.
. . . Daß ein Heer, das der Hauptsache nach aus Leuten besteht, die
plötzlich aus der bürgerlichen Tätigkeit herausgeholt wurden, mit mehr
Tüchtigkeit kämpft und marschiert als irgendeine Veteranenarmee, die
die Welt je gesehen — wie das preußische Heer es tut — und daß das
Räderwerk der Verwaltung, welche jenes Heer verpflegt, bewaffnet,
von (Drt zu ®rt schafft, heilt, mit den Sakramenten versieht und begräbt,
in Feindesland wie eine Uhr geht, und daß das ganze Volk nicht nur ohne
Murren, sondern mit Begeisterung sich Opfern unterzieht, wie sie vor¬
dem nie einer Nation, außer im Ringen der Verzweiflung, auferlegt
worden sind, dies alles zeigt, daß in Preußen etwas weit (Ernsteres
stattgefunden hat als die Umwandlung des Landes in ein Heerlager, mit
andern Worten, mir sind . . . Zeugen der Anwendung der ganzen In¬
telligenz eines Volkes von außerordentlicher geistiger und sittlicher Bil¬
dung auf militärische Zwecke. . . . wir dürfen mit Sicherheit behaupten,
daß nie Strategen dem Charakter ihrer Leute so viel zu verdanken hatten
wie die preußischen. . . . wenn es ein preußischer Befehlshaber als nötig
für feinen Zweck bei einem Sturme erachtet, daß die ganze Gefahr auf
ein Regiment falle, so findet er, wie es scheint, nicht die mindeste Schwie¬
rigkeit, es zu veranlassen, der sicheren Vernichtung entgegenzugehen,
und zwar nicht blindlings . . ., sondern wie unterrichtete Leute, die die
ganze (Beschichte verstehen . . ., nicht mit Jubel oder enthusiastisch oder
tollkühn, sondern ruhig und nachdenklich, gerade wie sie studieren oder
ihr Handwerk betreiben oder den Pflug führen. . . .
. . . Die Preußen . . . haben sich selbst in eine Armee verwandelt,
und dazu sind sie einzig und allein dadurch befähigt worden, daß sie
sich einer langwierigen und mühevollen (Erziehung unterwarfen, die
den Nationalcharakter völlig verändert hat. 5lls sie nach der Schlacht bei
Jena am Punkte ihrer tiefsten (Erniedrigung angekommen waren, gingen
sie ans Werk und bauten geradezu die ganze Nation wieder neu auf, und
in einer weise, über die die Reformatoren aller Länder nicht ernstlich
genug nachdenken können. . . . Die Lehre ist die, daß man, ob man den
Menschen für Werke des Krieges oder des Friedens brauche, in keiner
1 Spenersche Zeitung, 7. (Oktober 1870. Dgl. Gncken, Unser Heldenkaiser,
S. 216: König Wilhelm an die Königin, 13. Oktober 1870: „. . . Das ist das
Richtigste und wahrste, was je darüber geschrieben ist, und was ich so oft Dir
selbst als das Charakteristische unserer Militär-Institutionen darstellte, und
weshalb man nicht dankbar genug meinem Vater und Bruder sein kann, einen
solchen unausgesetzten Wert aus die ausgebreitete Schulbildung gelebt zu haben,
denn das hat nun in einem halben Jahrhundert die schönsten Früchte getra¬
gen. . . Dgl. meinen Rufsatz Doss. Ztg. 1914, Sonntagsbeilage Hr. 33.