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Bald darauf erfolgte der erste Zusammenstofs mit den
Germanen des Nordens, den Normannen, die berufen waren,
so tief in die Geschichte des Mittelalters einzugreifen —
als Staatengründer oder Eroberer in Nordfrankreich, Bri¬
tannien, Rufsland (als Varinger), Süditalien.
Der Dänenkönig Gottfried dringt aus Jütland bis zur
Elbe vor, 808, und unterjocht die mit Karl verbündeten 808
Abodriten. Gegen ihn richtet sich ein glücklicher Zug
Karls, des ältesten Sohnes Karls d. Gr., in das überelbische
Land. Im Begriff, an der Spitze einer grofsen Land- und
Seerüstung noch einmal das Frankenreich anzugreifen, fiel
Gottfried 810, von seinen eigenen Dienstleuten erschlagen.
Sein Neffe und Nachfolger Hemming schliefst Frieden.
So stellen sich als Reichsgrenzen fest: Eider, Garigliano,
Raab, Ebro — nach Umfang und innerer Organisation eine
Herrschaft, wie sie seit dem Untergang der weströmischen
nicht wieder erschienen war. Karl wird auch von ändern
Königen und Fürsten als der erste der Christenheit, als Herr
von Europa anerkannt. Diese seine zentrale Machtstellung
und seine enge Verbindung mit der Kirche, deren Schirmherr
und Vorkämpfer gegen die Ungläubigen er ist, führt zu der
Idee eines Universalreiches als Abschlufs und Schlufsstein.
So erfolgt Karls Kaiserkrönung zu Rom durch Papst
Leo III. am Weihnachtstage 800 (nach damaliger Rechnung 800
zugleich dem Anfang eines neuen Jahres und Jahrhunderts)
unter dem Zuruf des Volkes: Carolo Augusto, a Deo coronato}
magno et pacifico imperatori Romanorum vita et victoria.
Germanische und romanische Völker bildeten nun ein Reich.
Dies ist der Anfang der schicksalsvollen Verbindung der
Deutschen mit Italien, des germanischen Königs mit der
römischen Kirche.
B. Staatsleben und Knltur nnter Karl d. Gr.
I. Die Marken (limes), eroberte Grenzlande, zum Schutz
des Reichs befestigt, wurden von einem Markgrafen (marchio,
comes marchiae) regiert. So die Spanische, Britannische,
Sächsische oder Dänische, die Thüringische Mark an der
Saale, die Sorbische, Avarische oder Pannonische, Friaulsche.
II. Der Staat Karls des Gr.: Sein grofsartiger Grund¬
gedanke ist die Begründung einer staatlich-kirchlichen Gemein-