Full text: Geschichte des Mittelalters (2)

Zur Einleitung. 
1. Inhalt mul Charakter der Geschichte des 
Mittel alters. 
Das Mittelalter mnfafst die tausend Jahre zwischen 
dem Untergang des abendländischen römischen Reichs und 
der mit der Entdeckung der neuen Welt und der Kirchen¬ 
reformation anhebenden Neuzeit. Neue Schauplätze öffnen 
sich der Kultur und dem Fortschritt. Der Zug der Welt¬ 
geschichte geht nach Norden und Westen. Ganz Europa 
wird allmählich in den Kreis des geschichtlichen Lebens 
hereingezogen. 
Die Wahrheit des Christentums und das Schwert der 
Oermanen zersetzen und überwinden das römische Weltreich 
und das in demselben herrschende Heidentum. Daher sind die 
Germanen das Hauptvolk des Mittelalters, die germanische 
Lehensmonarchie mit dem deutsch-römischen Kaisertum auf 
der einen, die christliche Kirche mit der Hierarchie auf der 
ändern Seite die Hauptschöpfungen und eigentümlichsten 
Lebensformen dieser Periode. Beide Mächte, die germa¬ 
nisch-romanische Heeresmacht und die christliche Kirche, 
messen sich zuerst defensiv, dann (in den Kreuzzügen) an¬ 
griffsweise mit dem Islam, der den Orient zu dem Anspruch 
auf Weltherrschaft erhebt und fortreifst. Am Ende des 
Mittelalters unterwirft der Islam den Osten Europas, während 
er im Westen unterliegt. 
Die Lehensmonarchie geht unter durch das Wachstum 
der absoluten Fürstengewalt, durch die zunehmende Bedeu¬ 
tung der Städte, durch die Umgestaltung des Kriegswesens. 
Während aber die Hauptländer des Weltteils in dieser Um¬ 
wandlung sich innerlich kräftigen, wird die Einheit und 
Macht des deutschen Reiches durch die übergreifende Landes¬ 
hoheit wie durch die Angriffe der kirchlichen Gewalt ge¬ 
brochen. Mit der Macht des Kaisers sinkt aber auch die 
Herbst, histor. Hilfsbuch. II. 9- Aufl. 1
	        
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