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England unter den Stuarts.
Schmerz seiner protestantischen Unterthanen an dem Krieg,
den Ludwig- XIV. seit 1672 mit Holland führte.
2) Innere Verhältnisse: a. Karls Benehmen in kirch¬
lichen Fragen: Obwohl Karl in Glaubensangelegenheiten ur¬
sprünglich gleichgültig war, zeigte er mit zunehmenden Jahren
eine immer stärkere Hinneigung zum Katholicismus. Als
er mit Ludwig XIV. den Bundesvertrag gegen Holland schloss,
verpflichtete er sich in einem geheimen Artikel, zur römischen
Kirche überzutreten, sobald es die Lage seines Reiches ge¬
statte. Sein ihm gesinnungsverwandter Bruder Jakob, Herzog
von York, vollzog thatsächlich den Glaubenswechsel. Als aber
der König durch eine Indulgenzerklärung aus eigener Macht¬
vollkommenheit alle Strafbestimmungen gegen die Nonkonfor¬
misten ausser Kraft setzte, entfachte er den Glaubenseifer der
wieder zur Herrschaft gekommenen Anglikaner gegen den
„Papismus“ in solchem Masse, dass er 1673 die vom Parlament
verlangte Testakte genehmigen musste. Ihr zufolge musste
jeder, der in England ein Staatsamt oder eine Offizierstelle
bekleiden wollte, vorher den Testeid leisten, worin er sich
zur Anerkennung der kirchlichen Oberhoheit des Königs und
zur Verwerfung der katholischen Lehre von der Transsubstan-
tiation verpflichtete1). Daher sah sich der streng katholische
Herzog von York veranlasst, alsbald seine Stelle als Gross¬
admiral von England niederzulegen.
b. Die Frage der Thronfolge: Karl II. war ohne
rechtmässige Nachkommenschaft; sein Erbe war sein katholi¬
scher Bruder Jakob. Um nun die Besetzung des Thrones von
Grossbritannien mit einem katholischen König zu verhindern,
riefen glaubenseifrige Anglikaner und ehrgeizige Staatsmänner
eine Bewegung im Volke hervor, die auf Grund der Testakte
Ausschluss des Herzogs von York von der Thronfolge
forderte. Zur Beschwichtigung des Sturmes Unterzeichnete
Karl 1679 die vom Parlament angenommene volkstümliche
Habeaseorpusakte. Diese sollte die persönliche Freiheit
der Bürger gegen Willkiirmassregeln der Regierung
sichern, indem sie bestimmt, dass kein Engländer ohne An¬
gabe des Grundes verhaftet und länger als 24 Stunden unver-
hört in Haft gehalten werden darf, dass er dagegen nach Erweis
seiner Schuldlosigkeit sofort zu entlassen, ebenso, wenn kein
schwereres Verbrechen vorliegt, gegen Bürgschaft in Freiheit
zu setzen ist.
Trotzdem wurde die Auschliessungsbill im Unterhaus an¬
genommen, scheiterte jedoch am Widerspruch der Mehrheit des
Oberhauses.
*) Die Testakte war gültig bis 1829; vgl. § 24 IV.