Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

102 Frankreich unter Richelieu und Mazarin und die Zeit Ludwigs XIV. 
vierjährigen Söhnlein Ludwig- XIV.. dessen Regierung den 
langen Zeitraum von 1643 bis 1715 umfasst1). Die Regentschaft 
riss alsbald des verstorbenen Königs Witwe Anna „von Öster¬ 
reich“2) an sich, indem sie das Testament ihres Gemahls um- 
stiess und den darin eingesetzten Regentschaftsrat nicht zur 
Geltung kommen liess. Die Leitung der Geschäfte übertrug 
sie ihrem Günstling, dem Kardinal Mazarin3). einem ge¬ 
borenen Italiener, den schon Richelieu seinem König zum Nach¬ 
folger empfohlen hatte. Der neue leitende Minister Frankreichs 
zeichnete sich, wie sein Vorgänger, durch hervorragendes staats- 
männisches Geschick aus, befleckte aber seinen Namen durch 
schmutzige Habgier, indem er seine Macht zur Erwerbung 
gewaltiger Reichtümer und zur Begünstigung seiner Verwandten 
missbrauchte. 
1) Auswärtige Beziehungen: Mazarin wandelte in 
der auswärtigen Politik ganz in den Bahnen seines Vorgängers, 
d. h. er setzte den Krieg gegen die Habsburger fort. Ihm 
fielen auch die Erfolge zu. die jener vorbereitet hatte. Im 
Frieden von Münster (1648) gewann Frankreich von 
Deutschland reiche Beute4). Die Zerrissenheit des deutschen 
Reiches benutzte er dazu. um 1658 mit den drei geistlichen 
rheinischen Kurfürsten, mit Baiern, Hessen, Braunschweig-Lüne- 
burg und einigen kleineren Reichsfürsten den Rheinbund5) 
zu schliessen, der ihm und noch Ludwig XIV. eine Handhabe 
zur Einmischung in deutsche Angelegenheiten wurde. 
Im Jahr darauf, 1659, wurde durch den pyrenäischen 
Frieden6) der seit 1635 dauernde Krieg mit Spanien beendigt. 
Darin verlor dieses einige nördlich von den Ostpyrenäen ge¬ 
legene Landstriche, sowie verschiedene Gebiete und Festungen 
an der niederländischen Grenze an Frankreich. Ausserdem 
wurde die (im folgenden Jahr vollzogene) Verbindung der In¬ 
fantin Maria Theresia mit Ludwig XIV. verabredet. 
2) Kämpfe im Innern: Die ruhmreiche Stellung, die 
sich Frankreich durch seine kriegerischen Erfolge unter den 
europäischen Staaten errungen hatte, war nur mit schweren 
1) Die Franzosen geben ihm den Beinamen „der Grosse“. 
2) Wie sie (als Spanierin) wegen ihrer habsburgischen Herkunft von 
den Franzosen genannt wurde. 
3) Eigentlich Giulio Mazarini. 
4) Vgl. Seite 54. 
5) Alliance du Rhin; auch der Kurfürst Friedrich Wilhelm von 
Brandenbiirg trat ihr später bei. 
6) Er wurde auf der Fasaneninsel abgeschlossen, die in der zum Golf 
von Viscaya fliessenden Bidassöa (Grenzfluss) liegt.
	        
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