108 Frankreich unter Richelieu und Mazarin und die Zeit Ludwigs XIV.
Anhang: Der grosse Türkenkrieg Kaiser Leopolds I.
(1682 bis 1699.)
Die u n g a r i s c h e Nation alpart e i unter Anführung des
Grafen Emericli Tökölyi, die schon längere Zeit im Aufstand
gegen das Haus Habsburg begriifen war und darin von Lud¬
wig XIV. und den Türken unterstützt wurde, schloss 1682
einen Waffenbund mit den letzteren und führte einen grossen
Krieg zwischen Österreich und der Türkei herbei, der die
Wiederherstellung der habsburgischen Herrschaft in Ungarn
zum Ergebnis hatte. Anfangs waren die Türken siegreich.
Unter dem Grosswesir Kara Mustapha drangen sie 1683 bis
vor Wien vor. dessen Bürger unter Führung des Grafen
Eiidiger von Starhemberg sich mehrere Wochen mit helden¬
haftem Mut gegen die feindliche Übermacht verteidigten, bis
ein Reichsheer unter dem Herzog Karl von Lothringen und
die Polen unter ihrem König Johann Sobiesky Entsatz brachten
und unter den Mauern der Stadt einen glänzenden Sieg er¬
fochten. Von nun an drangen die kaiserlichen Truppen mit
Erfolg nach Osten vor und eroberten unter tüchtigen Heer¬
führern. wie dem Markgrafen Ludwig von Baden und dem
Prinzen Eugen von Savoyen1) fast ganz Ungarn. Die
Krone der Kriegsthaten bildete des letzteren glänzender Sieg
beiZenta2) 1697. dem 1699 der Friede von Karlowitz3)
folgte. Darin gewann Leopold I. den Besitz von ganz
U n g a r n m i t A u s n a h m e des B a n a t- s 4); auch seinen Bundes¬
genossen Russland, Polen und Venedig musste die Türkei Zu¬
geständnisse machen.
4) Der spanische Erbfolgekrieg 1701 bis 1713/4.
a. E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t. e: Als Lud wig XIV. 1697
den Pfälzer Erbschaftskrieg abbrach, bestimmte ihn dazu ausser
der Lage seiner Finanzen besonders auch die Rücksicht auf
die Frage der spanischen Erbfolge, die damals brennend ge¬
worden war.
Der König Karl II. von Spanien, der letzte Habsburger
auf dem Thron Philipps II., war nämlich kinderlos, und bei
seiner andauernden Kränklichkeit rechneten die Kabinette
*) Sohn eines Prinzen aus dem Hause Savoyen und einer Nichte
Mazarins.
2) An der Theiss, unterhalb Szegedins.
3) In Ungarn, auf dem rechten Donauufer, oberhalb der Theiss-
mündung.
4) Das Gebiet zwischen der untern Marosch, Theiss und Donau, mit
der Hauptstadt Temeschwar.