110 Frankreich unter Richelieu und Mazarin und die Zeit Ludwigs XIV.
achtzehnten Jahrhunderts fast überall von Kriegs-
getümmel erfüllt.
b) Parteistellung: Auf der Seite des Kaisers
standen vor allem Holland und England. Auch nachdem
Wilhelm III. 1702 kinderlos gestorben war und seine Schwägerin
Anna, die zweite Tochter Jakobs II. aus seiner ersten prote¬
stantischen Ehe. den englischen Thron bestiegen hatte, trat
keine Änderung in der Parteistellung ein. Annas Günstling,
John Churchill1), der alsbald von ihr zum Herzog von Marl¬
borough2) erhoben wurde, war neben dem grossen kaiser¬
lichen Feldherrn, dem Prinzen Eugen von Savoyen, die Seele
der antifranzösischen Kriegsführung auf dem Festlande. In
Englands Gefolgschaft schloss sich auch Portugal3) dem Bund
gegen Ludwig XIV. an. In den ersten Jahren des Krieges
wechselte der anfangs mit Frankreich verbündete Herzog Viktor
Amadeus II. von Savoyen die Partei und trat zum Kaiser
über. Das deutsche Reich erliess erst nach langem Zögern
eine Kriegserklärung an ,.Philipp von Anjou“ und damit auch
gegen den französischen König. Mit besonderem Eifer trat
der eben in seinem Rang erhöhte ehemalige Kurfürst von
Brandenburg, König Friedrich I. in Preussen, für die Sache
des Kaisers ein.
Dagegen schlossen der ehrgeizige und kriegstüchtige Kur¬
fürst Max Emanuel von Baiern und sein Bruder, der Erz¬
bischof von Köln, ein Bündnis mit dem Reichsfeind.
c. Verlauf des Kriegs: Der Kriegsschauplatz
war in der Po ebene, am Oberrhein und an der oberen
Donau, in den Niederlanden und in Spanien.
Das Kriegsglück war meist den französischen Waffen un¬
günstig. Im Jahr 1704 vereinigte sich an der oberen Donau
ein starkes französisches Heer mit dem Kurfürsten Maximilian
von Baiern. Auf der ändern Seite stiess auch Marlborough,
von den Niederlanden her kommend, zu den kaiserlichen Truppen
unter Prinz Eugen, und beide zusammen erfochten in der
Schlacht bei Höchstädt oder Blindlieim4) 1704 einen
heiss umstrittenen, aber schliesslich doch glänzenden Sieg, der
Oberdeutschland vou den Feinden säuberte.
Das Jahr 1706 brachte deu Franzosen zwei schwere
Niederlagen. Auf dem niederländischen Kriegsschauplatz wurden
x) Sprich: tschörtschil.
2) Sprich: malböro.
3) Portugal geriet 1703 durch einen nachteiligen Handelsvertrag völlig
in wirtschaftliche Abhängigkeit von England.
4) Zwei Orte in Schwaben-Neuburg, an der Donau, oberhalb von
Donauwörth.