Alexandros des Große.
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I. Alexandros in Makedonien und
Griechenland.
Auf König Philipp folgte ein größerer Herrscher, sein zwanzig¬
jähriger Sohn Alexandros (Fig. 153), dem die Geschichte den Bei¬
namen des Großen verliehen hat in Hinsicht auf die ans Wunderbare
grenzenden Erfolge, die er in nur dreizehnjähriger Regierung zu er¬
ringen wußte, und auf die tief einschneidende Bedeutung, welche das
kurze Leben des Mannes für die Gestaltung der Welt des Altertums
hatte. Hier traf die Gunst der Zeitverhältnisse zusammen mit dem
genialen Geistesflug eines ebenso scharfblickenden wie tatkräftigen
Herrschers, dem auch trotz mancher entstellenden Schatten ein ge¬
wisser Adel der Gesinnung sich nicht absprechen läßt.
Der feurige Knabe und Jüngling, der schon früh Proben eines
seltenen Mutes ablegte (die Bändigung des Rosses Bukephälos),
genoß den Unterricht des Aristoteles, des umfassendsten philosophi¬
schen Geistes, den das Altertum hervorgebracht hat. Mit achtzehn
Jahren rettete er seinem Vater den Sieg von Chäroneia. Als er zwei
Jahre später den Thron bestieg, warteten seiner große, vom Vater
hinterlassene Aufgaben, vor allem die, welche sich dieser als Lebens¬
ziel gesetzt hatte, die Eroberung des Perserreiches.
Zuvor aber gab es in nächster Nähe zu tun; denn alle Nach¬
barn des Makedonenreiches dachten, nun sei die Zeit der Vergeltung
gekommen. Namentlich trafen Athen und Theben Anstalten, die
vermeintlich günstige Gelegenheit auszunützen. Doch wie der Blitz
war der Makedonenkönig an den Thermopylen und unterdrückte durch
sein bloßes Erscheinen jeden Widerstand. In Korinth über¬
trugen ihm in gleicher Weise wie seinem Vater die Abgeordneten
der griechischen Staaten — nur Sparta hielt sich grollend fern
— das Feldherrnamt gegen die Perser. Während er hierauf
einen siegreichen Zug gegen die Thrakier und andere Völker im
Norden unternahm, verbreitete sich die Nachricht, er sei gefallen.
Da erhob sich sofort Th eben zur Abschüttelung des makedonischen
Joches. Aber schon stand auch Alexandros in Böotien, und am
dritten Tag, nachdem er vor der Stadt angekommen, war sie er¬
stürmt. Mit völliger Zerstörung — nur das Haus Pindars blieb
verschont — büßte sie ihre Übereilung; und die Athener, welche
darauf gewartet hatten, sich den Thebanern anzuschließen, beglück¬
wünschten Alexandros zu seinem Sieg und beeilten sich, jede Ver¬
stimmung zu beseitigen, indem sie die Bestrafung der Führer der
antimakedonischen Partei versprachen.