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§ 68: Der Verfall des Kaisertums.
dessen Oberhaupt von den römischen Kaisern sogar den Imperator¬
titel zugebilligt erhielt. Zur Zeit Aurelians herrschte hier ein
geistig hoch begabtes, willensstarkes Weib Zenobia (Bath-Sebina
in ihrer eigenen Sprache), die sich auch über Syrien und Ägypten
eine Art Herrschaft erwarb und sich dem Kaiser gegenüber völlig
selbständig benahm. Darum zog Aurelian gegen sie, besiegte
sie in einer Schlacht in Syrien, nötigte nach einem ruhm¬
vollen Marsch durch die Syrische Wüste die Stadt Palmyra zur
Ergebung und führte Zenobia, die schon vorher in seine Hände
gefallen war, in Rom im Triumph auf. Palmyra, bei einer
neuen Erhebung von Grund aus zerstört, verlor von da an alle
Bedeutung. Auch Aurelian erlag einer Verschwörung.
5) Um dieselbe Zeit, wo die Alemannen den Grenzwall in Ober¬
deutschland erstürmten, bemächtigte sich in Rom endlich wieder auf
längere Zeit eine kräftige Hand, die des C. Aurelius Valerius
Diocletiänus, des Scepters; mit seiner Regierung beginnt ein neuer
Zeitraum in der Geschichte des römischen Kaisertums, da er den
Absolutismus der Monarchic durchführte.
B. Äußere Geschichte.
Unter den zahlreichen äußeren Feinden der Römer während der
Jahre 180 bis 284 waren die lästigsten und gefährlichsten die
Parther und ihre Erben, die Neuperser, im Osten und die
Goten im Norden.
1) Parther und Neuperser: Um 225 wurde das dem Hellenis¬
mus zuneigende parthische Königsgeschlecht der Arsakiden gestürzt
von Ardaschir (Artaxäres oder Artaxerxes), dem Stammvater der
Sassaniden, die bisher als Teilfürsten in der Landschaft Persis
geherrscht hatten; damit begann das Neu persische Reich.
Während die Arsakiden im Grunde doch immer das Übergewicht
der Römer anerkannt hatten, waren die Sassaniden weit davon ent¬
fernt, und fast ununterbrochene Fehde war die Folge. Mit zweifel¬
haftem Erfolg maß eich Severus Alexander mit Ardaschir. Auch
seine Nachfolger hatten um den Besitz von Mesopotamien und
Armenien fortwährend Kricje mit den Neupersern zu führen. Um
258 erlitt der Kaiser Valerian bei Edessa eine völlige Nieder¬
lage und geriet selbst in die Gefangenschaft des Perser¬
königs Sapor, in der er starb, während die Sieger plündernd bis
Kleinasien vordrangen. Die Herrscher von Palmyra taten ihrem
Umsichgreifen in den nächsten Jahren Einhalt; später gelang es
einem Vorgänger Diocletians, Armenien und Mesopotamien für Rom
wiederzugewinnen.