Full text: Geschichte des Mittelalters (Hälfte 1)

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Einrichtung der „Bannmeile" bewirft, Sie sicherte den städtischen Hand- 
werker vor fremder Konkurrenz und verhinderte eine Herabdrückung des 
Preises, welche immer die notwendige Folge vermehrten Angebotes ist.1) Das 
Bannmeilenrecht stammt aus früher Zeit. Schon im Sachsenspiegel wird 
bestimmt, daß ein Markt von dem andern nicht näher als eine Meile gelegen 
sein soll. In praktischer Übung sehen wir es zuerst um 1217 bei Löwen¬ 
berg, in dessen Stadtrecht der Ausschank von Branntwein und die Betreibung 
irgend eines Handwerks innerhalb einer Meile verboten ist.2) Zu größerer 
Bequemlichkeit für die kontrollierenden Obrigkeiten und für das kaufende 
Publikum diente die Einrichtung, daß die Handwerker nur an bestimmten, 
ihnen angewiesenen Orten der Stadt ihre Waren feilbieten durften. Für 
Benutzung der Straßen, Läden, Plätze u. s. w. war an die Stadt selbst ein 
mäßiger Zins zu zahlen. Je nach den Gewerben unterschied man Bänke 
(Brot-, Fleischbänke), Hallen, Buden n. f. w. In manchen Städten wurde 
einzelnen Gewerben ausnahmsweise der Verkauf der Waren im Hause ge- 
stattet. Auch an Mahnungen zu wohlanständigem Betragen und zur Höf- 
lichkeit gegenüber den Kunden fehlt es nicht. Das Augsburger Stadtrecht 
von 1276 ermächtigte sogar die Bürger, ungezogene Reden und Schimpf- 
Worte der Bäckerknechte und Bäckermägde sofort durch eine Tracht Prügel 
zu sühnen.3) Alle diese Bestimmungen zum Vorteil des kaufenden Pu- 
blikums lehren, daß bis zum Ende des 13. Jahrhunderts der Prozeß der 
Emaneipation des Handwerkerstandes von der früheren Abhängigkeit noch 
nicht ganz vollzogen war. Es fehlte sicherlich nicht an Versuchen, das auf- 
erlegte Joch abzuschütteln, die beschränkenden Bestimmungen zu umgehen; 
wer aber von der wachsamen Polizei auf Schleichwegen ertappt wurde, hatte 
seine Verwegenheit mit zuweilen recht harten Strafen zu büßen. Am häufig- 
sten wurden Geld-, seltener Körperstrafen verhängt; unter den letzteren er- 
freute sich das „Schupheu" besonderer Beliebtheit, welches darin bestand, 
„daß derjenige, welcher sich vergangen hatte, auf ein Schaukelbrett gesetzt 
und von da in ein Wasser oder in einen Pfuhl geschleudert wurde"/) Die 
für ungenügend befundene Ware wurde zumeist weggenommen und vernichtet. 
Als strengste Strafe galt die Ausschließung des Schuldigen auf längere oder 
kürzere Zeit aus der Zunft; sie wurde in der älteren Zeit von den Obrig- 
ketten, gegen Ausgang des 13. Jahrhunderts von dem zünftischen Verbände 
selbst verhängt. 
Die nächste Aufsicht über die Zunftgenossen führte der „Meister". Im 
13. Jahrhundert war die Erlangung dieses Titels nicht abhängig von der 
Absolvierung eines vorgeschriebenen Lehrganges, sondern es gab für jede 
Zunft nur einen Meister, den die Obrigkeit, oder später auch die Mitglieder 
der Zunft zu seinem Amte wählten. Die Befugnisse dieser Handwerks- 
meister waren aber in den verschiedenen Städten verschieden; zumeist behiel- 
teu sich die Behörden noch ein Oberaufsichtsrecht vor. Gegen Ausgang des 
13. Jahrhunderts überließen sie dann die Kontrolle fast ausschließlich den 
Meistern und stellten ihnen sogenannte Pfleger oder Geschworene zur Seite, 
welche die Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen zu überwachen hatten.5) 
1) Stieda 98 flg. 2) Stieda 99. Auch anderwärts wurde vor allem der 
Handel mit geistigen Getränken im Umkreis einer Meile der Stadt vorbehalten. 
3) Stieda 102. Augsb. Stadtrecht von 1276 CXYIII §12 bei Meyer, Das Stadt- 
buch von Augsburg. 4) Stieda 107. 5) Stieda 111.
	        
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