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Böhmen gesandt.2) Doch gaben sie unterwegs ihre Reise auf, als sie von
der am 11.Juni 1397 erfolgten Ermordung einiger Räte Wenzels hörten,
die sich auf dem Karlstein zur Beratung versammelt hatten.2) Wenzel war
bereits zu einer Fahrt ins Reich entschlossen und wartete nur auf die An-
fünft Sigismunds, der ihn begleiten füllte.8) Dieser aber war in Ungarn
vollauf beschäftigt und blieb wohl um so lieber zurück, als er den König
nicht geneigt sah, die bisher geheim gehaltene Ernennung zum Reichsvikar
zu veröffentlichen und damit den kurfürstlichen Wunsch nach Einsetzung eines
Hauptmanns im Reich zu erfüllen. Nachdem Wenzel feinen Vetter Prokop
für die Zeit seiner Abwesenheit zum Statthalter in Böhmen ernannt hatte,4)
verließ er sein Erbland und hielt Mitte September 1397 seinen Einzug in
Nürnbergs) Kein eigentlicher Reichstag versammelte sich hier um ihn, Fürsten
und städtische Boten kamen und gingen; keiner von den rheinischen Kurfürsten
war in Person erschienen. Ihr Ausbleiben hinderte wohl auch den König,
einen umfassenden Landfrieden zu verkünden; er begnügte sich deshalb, am
20. September mit fränkischen und bayerischen Reichsständen eine partielle
Landsriedensordnnng aufzustellen,^) die sich schon in der nächsten Zeit als
wirksam erwies7) nnd am 2. März 1398 noch verschärft und bis znm 11. No¬
vember 1399 verlängert wurde.8) Ansang Dezember begab er sich über
Würzburg nach Frankfurt, wo er am 19. Dezember anlangte.9) Auch die
Kurfürsten kamen znm Reichstage, den er hierher entboten, nnd überreichten
am 23. Dezember eine Schrift, in der sie in rückhaltloser Weise ihre
Beschwerden vorbrachten.10) Sie beklagten sich darin über des Königs un¬
entschiedene Haltung im Streit der Päpste, Über die Vernachlässigung der
Interessen des Reichs in Italien und die Gebietsverluste, die seine Saum-
seligkeit verschuldet, über die Willkür seiner Regierung und die Ermordung
schuldloser geistlicher und weltlicher Personen.11) Ganz ohne Eindruck blieben
die Klagen ans Wenzel nicht; er machte wenigstens den Versuch, sich aus-
zuraffen, ließ es dann aber dabei bewenden, eine allgemeine Landfriedens¬
ordnung auf zehn Jahre aufzurichten.12) Als er am 24. Januar von Frank¬
furt schied, war die Kluft zwischen ihm und den Kurfürsten nur noch größer
geworden.
1) R.-T.-A. II, no. 277. 2) Nach Lindners Vermutung, die viel Wahrschein-
lichkeit hat, geschah die That auf Veranlassung Sigismunds. Vgl. Lindner II, 370 flg.
Über die That selbst s. R.-T.-A. II, no. 277, 278. Städtechron. Magdeb. I, 296.
Dobner, Hon. hist. Boh. IV, 65, 133, 142. 3) So berichtet Eger an Frankfurt,
R.-T-A. II, no. 282. 4) Pelzel II, Urk. no. 139. Palacky, Formelb. II, p. 81
no. 78. 5) R.-T.-A. II, no. 299; Einladung Wenzels zum Besuch eines nach
Nürnberg berufenen Reichstages, gerichtet an Straßburg, 17. September 1397.
6) R.-T -A. II, no. 302, 303. 7) Vgl. R.-T.-A. II, no. 304, 306, 307. 8) R.-
T.-A. II, no. 305. 9) R.-T.-A. III, no. 33. 10) R.-T.-A. III, no. 9. Lindner II,
383 u. Beil. XVIII. 11) Art. 3: Item das das heilige riche vil lande und stet
verlüst umb versümeniss, das is nicht gehanthabt noch geschützt wirt etc.
Art. 6: item das van unbeschirmniss und das das rieh nit vestenclich gehant¬
habet wird, es sint kriege in allen landen des riches und nieman weiss, vor
wem er das recht bitten solle ader möge etc.. Art. 10: item geistlich und
ander personen sin getSt unschuldiclich, die solt er beschuren und das weren,
das ist unredelich und wider das riche und söliches unredeliches macht dem
rieh ein grossen schaden. Art. 11: item vil ander gebrechen die wir wissen,
item sint noch vil infeile, gebrechen schaden und unverdenklichkeit von dem
könige dem riche geschehen und ufenstanden und degeliche schaden. 12) R.-
T.-A. III, no. 10.
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