Full text: Geschichte des Mittelalters (Hälfte 1)

— 408 — 
Böhmen gesandt.2) Doch gaben sie unterwegs ihre Reise auf, als sie von 
der am 11.Juni 1397 erfolgten Ermordung einiger Räte Wenzels hörten, 
die sich auf dem Karlstein zur Beratung versammelt hatten.2) Wenzel war 
bereits zu einer Fahrt ins Reich entschlossen und wartete nur auf die An- 
fünft Sigismunds, der ihn begleiten füllte.8) Dieser aber war in Ungarn 
vollauf beschäftigt und blieb wohl um so lieber zurück, als er den König 
nicht geneigt sah, die bisher geheim gehaltene Ernennung zum Reichsvikar 
zu veröffentlichen und damit den kurfürstlichen Wunsch nach Einsetzung eines 
Hauptmanns im Reich zu erfüllen. Nachdem Wenzel feinen Vetter Prokop 
für die Zeit seiner Abwesenheit zum Statthalter in Böhmen ernannt hatte,4) 
verließ er sein Erbland und hielt Mitte September 1397 seinen Einzug in 
Nürnbergs) Kein eigentlicher Reichstag versammelte sich hier um ihn, Fürsten 
und städtische Boten kamen und gingen; keiner von den rheinischen Kurfürsten 
war in Person erschienen. Ihr Ausbleiben hinderte wohl auch den König, 
einen umfassenden Landfrieden zu verkünden; er begnügte sich deshalb, am 
20. September mit fränkischen und bayerischen Reichsständen eine partielle 
Landsriedensordnnng aufzustellen,^) die sich schon in der nächsten Zeit als 
wirksam erwies7) nnd am 2. März 1398 noch verschärft und bis znm 11. No¬ 
vember 1399 verlängert wurde.8) Ansang Dezember begab er sich über 
Würzburg nach Frankfurt, wo er am 19. Dezember anlangte.9) Auch die 
Kurfürsten kamen znm Reichstage, den er hierher entboten, nnd überreichten 
am 23. Dezember eine Schrift, in der sie in rückhaltloser Weise ihre 
Beschwerden vorbrachten.10) Sie beklagten sich darin über des Königs un¬ 
entschiedene Haltung im Streit der Päpste, Über die Vernachlässigung der 
Interessen des Reichs in Italien und die Gebietsverluste, die seine Saum- 
seligkeit verschuldet, über die Willkür seiner Regierung und die Ermordung 
schuldloser geistlicher und weltlicher Personen.11) Ganz ohne Eindruck blieben 
die Klagen ans Wenzel nicht; er machte wenigstens den Versuch, sich aus- 
zuraffen, ließ es dann aber dabei bewenden, eine allgemeine Landfriedens¬ 
ordnung auf zehn Jahre aufzurichten.12) Als er am 24. Januar von Frank¬ 
furt schied, war die Kluft zwischen ihm und den Kurfürsten nur noch größer 
geworden. 
1) R.-T.-A. II, no. 277. 2) Nach Lindners Vermutung, die viel Wahrschein- 
lichkeit hat, geschah die That auf Veranlassung Sigismunds. Vgl. Lindner II, 370 flg. 
Über die That selbst s. R.-T.-A. II, no. 277, 278. Städtechron. Magdeb. I, 296. 
Dobner, Hon. hist. Boh. IV, 65, 133, 142. 3) So berichtet Eger an Frankfurt, 
R.-T-A. II, no. 282. 4) Pelzel II, Urk. no. 139. Palacky, Formelb. II, p. 81 
no. 78. 5) R.-T.-A. II, no. 299; Einladung Wenzels zum Besuch eines nach 
Nürnberg berufenen Reichstages, gerichtet an Straßburg, 17. September 1397. 
6) R.-T -A. II, no. 302, 303. 7) Vgl. R.-T.-A. II, no. 304, 306, 307. 8) R.- 
T.-A. II, no. 305. 9) R.-T.-A. III, no. 33. 10) R.-T.-A. III, no. 9. Lindner II, 
383 u. Beil. XVIII. 11) Art. 3: Item das das heilige riche vil lande und stet 
verlüst umb versümeniss, das is nicht gehanthabt noch geschützt wirt etc. 
Art. 6: item das van unbeschirmniss und das das rieh nit vestenclich gehant¬ 
habet wird, es sint kriege in allen landen des riches und nieman weiss, vor 
wem er das recht bitten solle ader möge etc.. Art. 10: item geistlich und 
ander personen sin getSt unschuldiclich, die solt er beschuren und das weren, 
das ist unredelich und wider das riche und söliches unredeliches macht dem 
rieh ein grossen schaden. Art. 11: item vil ander gebrechen die wir wissen, 
item sint noch vil infeile, gebrechen schaden und unverdenklichkeit von dem 
könige dem riche geschehen und ufenstanden und degeliche schaden. 12) R.- 
T.-A. III, no. 10. 
15
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.