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banden/) immer gefährdeter die Lage Wenzels. Aber dieser konnte sich
nicht entschließen, durch sein Erscheinen im Reiche der rasch um sich greifenden
kurfürstlichen Agitation entgegenzuarbeiten; immer von neuem täuschte er die
Städte und Fürsten durch das Versprechen, er werde bald zu einem Reichstage
kommen und mit den Fürsten über die Angelegenheiten des Reiches handeln.2)
Am 1. Februar 1400 einigten sich die fünf Kurfürsten von der Pfalz,
Mainz, Köln, Trier und Sachsen mit Stephan und Ludwig von Bayern,
Burggraf Friedrich von Nürnberg, Landgraf Hermann von Hessen,
Wilhelm, Balthasar und Friedrich von Thüringen zur Wahl eines
anderen Königs, „um den vielen großen und schweren Gebrechen, Mißhelligkeiten
und Irrungen, welche in dem heiligen römischen Reiche seit langer Zeit auf¬
erstanden und gekommen sind, zu widerstehen und damit dasselbe in seinen
Würden und Ehren und bei seinen Rechten gehandhabt werden und bleiben
möge ".3) Eine bestimmte Persönlichkeit wurde noch nicht in Aussicht genommen;
nur darin war man einig, daß kein Luxemburger die Krone erhalten sollte.
Dem Papste Bonifa eins IX. gaben sie von ihrem Beschlüsse Kunde und baten
ihn, sie in ihrem Unternehmen zu unterstützend) Alle weiteren Beratungen
wurden auf eine Versammlung verschoben, die am 26. Mai in Frankfurt
abgehalten werden sollte in Gemeinschaft mit Fürsten und Städten.5) Auch
jetzt noch ließ Wenzel die Dinge ihren Lauf gehen, obwohl der Rat von
Frankfurt ihn von allem benachrichtigte;6) weder im Marz noch im Mai er¬
schien er im Reiche, wie er versprochen hatte.
Zur festgesetzten Zeit versammelten sich zu Frankfurt die Kurfürsten,
mit Ausnahme des durch Krankheit verhinderten Werner von Trier und
Jobsts von Brandenburg, Fürsten und Städteboten; auch Gesandte
Karls VI., Kastiliens und der Universität Paris waren erschienen, freilich
in dem Glauben, daß die Berufung von Wenzel selbst ausgegangen seV)
Seit dem 28. Mai berieten die vier Kurfürsten unter einander über die
Person eines Nachfolgers, kamen jedoch zu keinem abschließenden Ergebnis,
vermutlich weil gar zu viele Fürsten für ihr Haus die Krone gewinnen
wollten. Mitten unter den Beratungen verließen Kurfürst Rudolf von
Sachsen und die brannschweigischen Herzöge die Versammlung, ohne daß
wir näheres über ihre Beweggründe erfahren. Möglich, daß Rudolf mit
einer sofortigen Absetzung Wenzels überhaupt nicht einverstanden war und
durch die unbestimmte Antwort des Papstes, der zwar einer Absetzung nicht
widersprach, aber bis zu genauerer Kenntnis der Sache eines Urteils sich
1) Vgl. R.-T.-A. III, no. 51 (Beitritt von Kursachsen), 56 (Beitritt von Trier),
57 und 58 (Erneuerung des Bündnisses der Kurfürsten, in deutscher und lateinischer
Redaktion, vom 15. September 1399), no. 59, 60 (Beitritt von zehn Fürsten zum
Bunde der Kurfürsten, am 19. September 1399). In no. 59 kommen die Fürsten
mit den Kurfürsten überein: art. 1. zo deine yrsten umb eynen anderen Roymsschen
konyngh zo erweilen und zo setzen: und willent sij dan eynen zo eyme
Roymsschen konynge uyss den gesleichten und geborten van den wapen van
Beyeren van Mijssen van Hessen van den burchgraven van Nuremberg oder
den graven van Wirtemberg, so sullen wir und yglicher van uns vurgenanten
herren by der kür und by deine, den sij also nennen ufihemen und zo eyme
Roymsschen konynge weilen, getruwelich und vesteclich blyben etc. 2) R.-
T.-A. III, no. 106, 107; vgl. no. 108, 109, 110, 111. Lindner II, 416, Beil. XXVI.
3) Vgl, R.-T.-A, III, no. 72, 73, 79. 4) R.-T.-A. III, no. 114. 5)R,-T,-A. III,
no. 112,113 6) R -T.-A.I1I, no. 118 — 120. 7) S. Lindner II, 419, Beil.XXV
u. XXVI. R.-T.-A. III, no. 134.