Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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mit einer vollen Tracht Schläge empfangen, obgleich der Knabe meinte, er 
habe in seinem eroberten Säcklcin eine hinreichende und vollgiltige Entschul¬ 
digung bei sich. Denn er hatte ja mehr als einmal gehört, wie seine Mutter 
zu dem Vater sagte: Wenn ich nur wieder einmal ein gutes Buch bekommen 
könnte, ich gäbe gern einen Finger aus meiner rechten Hand darum.' 
«Doch auf das Ungewitter folgte desto schöneres Wetter. Als meine 
Urgroßmutter endlich das Säcklcin geöffnet und das Buch darin gefunden 
und aufgeschlagen hatte, war sie vor Freude außer sich, und dankte Gott 
unter vielen Thränen, daß er ihr Flehen so gnädig erhött habe. Ihr Söhn¬ 
lein hinter dem Tisch bei seiner Abendmilch hatte nun vollauf zu thun, seinen 
Hornlöffel zu handhaben und nebenbei die Fragen der Mutter, wegen des 
gefundenen Schatzes, zu beantworten. Sein Vater verbot eS ihm aber aufs 
ernstlichste, jemand von seinem Funde ctwaS zu sagen.' 
.Seitdem,' stchr der Schneider sorr, ,ai]0 fast seit hundert Jahren, ist 
daS Buch in meiner Familie. Mein Großvater, mein Vater und ich, wir 
haben darin das Lesen gelernt. Aber das ist das Geringste. Ich möchte es 
vielmehr die Sonne in meinem Hause nennen. So lange es darin ist, war 
rs geistlicher Weise unter unserm Dache immer so ruhig und stillfrcundlich, 
wie in einer Stube nach dem Winter, wenn die Sonne den Schnee auf dem 
Dache schmilzt und dabei so erquicklich durch daS Fenster scheint, daß der 
Kanarienvogel'anhebt zu dichten.' 
Während unser Führer also erzählte, fiel daS Tageslicht durch die Schein¬ 
löcher im Dache und durch die Ritzen der Wände immer heller auf unser 
Heulager. Der Gefährte öffnete den Laden, und wir sahen nun, daß sich das 
Wetter gänzlich geändert hatte. Sogleich wurde mit dem Rest unseres Speise- 
vorraths ein Freudenmahl angestellt und bei geöffnetem Laden offene Tafel 
gehalten. Dann brachen wir auf und wateten vollends nach Malnitz hinab. 
177. 
Der reichste 
(Aon Justinu» 
^Reisend mit viel schönen Reden 
ihrer Länder Werth und Zahl 
Saßen viele deutsche Fürsten 
einst zu WormS im Kaiferfaal. 
herlich, sprach der Fürst von Sachsen, 
ist mein Land und seine Macht, 
Silber hegen seine Berge 
wol in manchem tiesen Schacht. 
— Georg-Eck^rt-Institut 
für iniernr^onala 
•Schu!bt>cv;.crschunS( 
ilirfl. Brnir.’scliwöig 
Kerner.) SctUiibudlbibHothek 
Zeht mein Land in ÜPPger Fülle, 
sprach der Kurfürst von dem Rhein, 
Goldne Saaten in den Thälern, 
auf den Bergen edler Wein. 
Große Städte, reiche Klöster, 
Ludwig, Herr zu Bayern, sprach, 
Schaffen, daß mein Land den euer« 
wol nicht steht an Schätzen nach. 
16*
	        
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