Object: Theorie und Praxis der Heimatkunde

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Behauptung, daß die Heimatkunde ein selbständiges Unterrichtsfach ist, 
sind für uns die Tatsachen, daß sie einen selbständigen Zweck hat, 
nämlich, den Schüler mit seiner Heimat bekannt zu machen, und daß sie 
sich zur Erreichung ihres Zweckes eines selbständigen Unterrichtsstoffes, 
eben der heimatlichen Anschauungen, bedient. 
Der letztere Grund hat manche Methodiker (Finger, Muthesins) be¬ 
wogen, auch den Anschauungsunterricht mit zur Heimatkunde zu rechnen. 
Wir stehen aus dem Standpunkte, daß beide wohl innig miteinander ver¬ 
wandt, aber doch nicht eins sind. Dem Anschauungsunterricht ist es 
darum zu tun, dem Kinde Einzelvorstellungen von den Dingen zu ver¬ 
schaffen, die es umgeben, nicht aber darum, eine in sich geschlossene 
Bekanntschaft mit der Heimat anzubahnen. Darum begnügt er sich auch 
meist mit der Erarbeitung von Anschauungen und der sprachlichen Fixierung 
derselben und wendet die höheren psychischen Prozesse: Abstrahieren und 
Kombinieren, dem geistigen Standpunkte des Kindes entsprechend, nur in 
einfachster Weise an. Die Heimatkunde hingegen bringt die Einzel¬ 
vorstellungen in innige Beziehungen zueinander und zu der eineu großen 
Gesamtvorstellung Heimat. Dabei bedarf sie aber der Herausarbeitung 
von Begriffen, Urteilen und Schlüssen. Dadurch schafft sie zugleich die 
Grundpfeiler für den späterhin darauf aufzubauenden Realunterricht. 
Gliedern wir den gesamten Schulunterricht in Gesinnungs-, Sach- und 
Formenunterricht, so würde also das erste Glied des Sachunterrichts der 
Anschauungsunterricht, das zweite die Heimatkunde und das letzte der 
Realunterricht sein. Rechnet man den Anschauungsunterricht auf die 
beiden ersten Schuljahre, so kommen naturgemäß das 3. und 4. Schul¬ 
jahr für die Heimatkunde in Betracht, der Realunterricht aber fällt der 
Oberstufe zu. Demnach bildet die Heimatkunde die Brücke 
vom Anschauungsunterricht hinüber zum Realunterricht. Bei 
zweiklassigen Schulen verbieten freilich praktische Gründe eine gesonderte 
Behandlung der Heimatkunde/ denn bei dieser Schulgattung gibt es keine 
Mittelstufe, sondern nur Unter- und Oberstufe. Die geschlossene Heimat¬ 
kunde des 3. Schuljahres würde hier der Unterstufe zuzuweisen sein und 
sich in den Anschauungsunterricht einzugliedern haben. In welcher 
Weise dies geschehen kann, zeigt der beigegebene Lehrplan der Schule von 
Wolfersgrün. Bei der vierklassigen Schule fällt die geschlossene 
Heimatkunde in die Klasse III, die das 3. und 4. Schuljahr umfaßt. Da 
auf dieser Klassenstufe aber auch die Vaterlandskunde durchzuarbeiten ist, 
so müssen hier Heimatkunde und Vaterlandskunde in geeigneter 
Weise miteinander verknüpft werden. Ein Beispiel hierzu soll der 
Lehrplan der vierklassigen Schule von Niedercrinitz bilden. 
Mit diesen Erörterungen ist freilich die Frage nach der Stellung der 
Heimatkunde im Lehrplane der Volksschule noch nicht vollständig gelöst. 
Gliedern wir einmal die Gesamtvorstellung „Heimat" in ihre Einzel¬ 
vorstellungen, so finden wir eine ganze Reihe, deren Behandlung im 3.
	        
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