angewiesenen wie einander entgegengesetzten Gewalten des
abendländischen Kaisertums und des Papsttums. Die Be¬
ziehungen dieser universellen Mächte zu einander und zu den
im Sonderleben der einzelnen Völker wirksamen Kräften, sowie
des ganzen germanisch-romanischen Abendlands zu der übrigen
Welt (insbesondere zu den muhammedanischen Völkern) bilden
den Inhalt der weiteren Geschichte des Mittelalters. Die staat¬
lichen Einrichtungen des römischen Weltreichs, das in sich selbst
zerfallen war, erhielten sich thatsächlich einigermassen in der
katholischen Kirche, die eine universale Organisation der
christlichen Welt anstrebte, ideell im Kaisergedanken. Hievon
abgesehen bildete sich aus wenig entwickelten Anfängen eine
neue staatliche Ordnung, die des Lehensstaats, aus. Der
Schauplatz der Geschichte dehnte sich langsam nach Nord- und
Osteuropa aus; Mittelpunkt der weltgeschichtlichen Bewegung
war Italien und Mitteleuropa.
Die Geschichte des Mittelalters lässt sich demnach in vier
Hauptabschnitte gliedern:
I. Zeit derVorbereitung, vom Beginn der germanischen
Staatengründungen auf römischem Boden bis nach der Mitte des
VIII. Jahrhunderts (Zeit der „Völkerwanderung“ und der arabi¬
schen Eroberungen).
II. Zeit des Bundes zwischen den beiden Uni¬
versalmächten, mit Uebergewicht des Kaisertums, letztes
Drittel des VIII. bis nach der Mitte des XI. Jahrhunderts (Zeit
der AVanderungen der Nordgermanen).
III. Zeit des Kampfes zwischen den beiden Uni-
versalmächten, mit zunehmendem Uebergewicht des Papst¬
tums, letztes Drittel des XI. bis gegen Ende des XIII. Jahr¬
hunderts (Zeit der Kreuzzüge).
IV. Zeit des Verfalls der beiden Universalmächte
und der Erstarkung der Territorialgewalten in Deutschland,
andrerseits der Ausbildung mehr geschlossener Nationalstaaten
in Frankreich, England und auf der Pyrenäenhalbinsel, sowie der
Habsburgischen Hausmacht, Ende des XIII. bis Ausgang des
XV. Jahrhunderts (Eroberung der Balkanhalbinsel durch die
Türken, Vertreibung der Araber aus der pyrenäischen Halbinsel).