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(mit Ausnahme schon bestehender Landfriedensbündnisse zwischen Städten, 
Fürsten und Herren) uud des Pfahl- (Aus-) Bürgertums begünstigt (viel¬ 
leicht waren die edlen Ausbürger ausgenommen). Dagegen blieben die Ver¬ 
besserung der Münze und die Minderung der Zölle auf dem Ehein und der Geleite 
auf dem Lande, was beides im Interesse der Städte gewesen wäre, unerledigt. 
Judenmord, Schwarzer Tod und Geisselfahrt. 1348—1351. Der 
schwarze Tod, eine mit brandiger Lungenentzündung verbundene Beulen¬ 
pest, kam 1348 aus Oberitalien nach Kärnten und Steiermark, 1349 von Süd¬ 
frankreich nach der Schweiz und dem Eisass. Er wütete in ganz Deutsch¬ 
land , Böhmen und Schlesien ausgenommen. Besonders gross war die Sterb¬ 
lichkeit in den enggebauten, einer regelmässigen Strassenreinigung und Ent¬ 
fernung des Unrats und der Abfälle noch entbehrenden Städten. Die über¬ 
lieferten Verlustziffern deutscher und nichtdeutscher Städte sind aber bei¬ 
nahe durchaus stark übertrieben. Die Menschenverluste wurden rasch aus¬ 
geglichen, und nachhaltig wurde die politische und wirtschaftliche Entwicke¬ 
lung der Städte nicht beeinträchtigt; nur nahm der Besitz der toten Hand zu. 
Nach dem Vorgang der arelatischen Städte, wo man die Juden der Brunnen¬ 
vergiftung beschuldigte und auf Grund davon massenhaft mordete, wurden 
schon 1348 in der Schweiz, im Eisass und in Schwaben „Judenschlachten“ 
und „Judenbrand“ geübt, noch vor dem Ausbruch der Pest; nur in Norddeutsch¬ 
land, wo es weniger Juden gab, folgte das Judenmorden der Pest nach. Am 
ärgsten wütete man in dem wirtschaftlich entwickeltsten Südwestdeutschland, 
Wo der Bat die Juden schützen wollte, erzwangen die Zünfte, auch unter 
Mitwirkung des Adels, die Verfolgung (z. B. in Basel, Strassburg, Worms). 
Die dienenden Schichten der Bevölkerung (Gesellen, Knechte) beteiligten sich 
beim Morden, Zerstören und Plündern zumeist. Vor allem wollte man die 
jüdischen Schuldbriefe vertilgen. Im Reiche that König Karl, der oberste 
Schutzherr der Juden, gegen diese Greuel nichts, dagegen verbot er sie 1349 
für sein luxemburgisches Stammland. Ja er gewann Städte und Herren, in¬ 
dem er ihnen für den Pall der Entleibung oder Vertreibung der Juden An¬ 
weisungen auf das Judengut ausstellte. Später gab er gegen Bussgelder 
vielen Städten Amnestie für Mord, Einziehung bezw. Verteilung des Juden¬ 
geldes und Vernichtung der Judenschulden. Das noch vorhandene Judengut 
verschenkte er kraft seines Judenregals an Städte und Fürsten, Judenhäuser 
an städtische Geschlechter. Judenschulden schlug er zu Gunsten vieler 
Herren, auch mancher Städte, Bischöfe und Klöster nieder. Aehnlich ver¬ 
fuhren die Fürsten und Städte, die selbst den Judenschutz hatten. Sehr bald 
nahm man aber da, wo man die Juden geschlachtet oder gebrannt hatte, 
Juden wegen ihrer Steuern und ihrer Unentbehrlichkeit für die darlehens¬ 
bedürftige Bevölkerung wieder auf. 
Die Geisselfahrten (im XIII. Jahrhundert unter dem Einfluss der 
Franziskaner besonders in Italien geübt) begannen Ende 1348 im Südosten mit 
Auftreten der Pest epidemisch zu werden, Frühjahr und Sommer 1349 erfolgten 
sie im ganzen übrigen Deutschland, meistens in der Hoffnung, die Pest durch 
diese ungewöhnlich harte und häufige Askese abzuwenden. Anfangs wurden 
die Geisslerprozessionen (40—500 Menschen stark) in den Städten feierlich em¬ 
pfangen und von den Bürgern bewirtet und beschenkt; ihre immer mehr her¬ 
vortretende Feindseligkeit gegen den Klerus und dessen Verwaltung der Gnaden¬ 
mittel steigerte eher ihre Beliebtheit; an manchen Orten leiteten sie das 
Judenschlachten ein (z. B. Frankfurt, Mainz, Köln, Brüssel). Mit der Zeit 
nahmen aber unsaubere und mehr auf den Bettel oder den gewaltsamen Um¬ 
sturz der Besitzverhältnisse gerichtete Leute unter den Geisslern überhand. 
Und als auf Andringen Karls Clemens VI. sie in einer Bulle verdammte, ge¬ 
lang es den geistlichen und weltlichen Obrigkeiten rasch, dem gefährlichen 
Wesen ein Ende zu machen.
	        
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