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auf seinem Todesbette seinen Bruder Eberhard beauftragt hatte, die Krone
seinem Gegner, dem Herzog Heinrich von Sachsen, zu überbringen, den er
als den einzigen, der dem Reiche Ruhe und Ordnung wiederzugeben im
stände sei, den Fürsten zu seinem Nachfolger empfahl. Sein Leichnam
wurde im Kloster Fulda beigesetzt.
§ 60. Die sächli schon Kaiser.
(919—1024.)
1. Heinrich I. (919—936) — der den Namen der Vogler oder
Finkler trägt, weil ihn der Sage nach Eberhard mit den fränkischen
Großen bei der Überbringung der Reichskleinodien auf der Vogeljagd an-
traf — erhob durch eine umsichtige Tätigkeit uud treffliche Einrichtungen
das zerfallene Reich zur ersten Macht der Christenheit und gab dem deutschen
Namen den alten Ruhm der Tapferkeit zurück. Nachdem er die Herzoge
von Schwaben nnd Bayern, die sich der königlichen Oberherrschaft zu ent¬
ziehen gesucht hatten, zur Unterwerfung gezwungen und Lothringen wieder
an das Deutsche Reich gebracht, schloß er mit den Ungarn, die Deutsch¬
land mit neuen Einfällen heimgesucht hatten, einen neunjährigen Waffen¬
stillstand. Da der Kaiser es nicht wagen konnte, den überlegenen Feinden
im offenen Felde gegenüberzutreten, so mußte die Waffenruhe durch einen
jährlichen Tribut erkauft werden (924). Aber Heinrich benutzte die ge¬
wonnene Frist zur Anlegung von Festungswerken und Burgen, in welchen
jeder neunte Mann vom Lande sich niederlassen mußte. Mehrere dieser befestigten
Plätze wurden später Städte und trugen dem Kaiser den Beinamen „der
Städtegründer" ein. Auch die Bildung von Reiterscharen und die Ver¬
besserung des Kriegswesens lag ihm sehr am Herzen. Die erhöhte Tüchtig¬
keit seiner Kriegsscharen erprobte er zunächst an den Slaven, die fort¬
während die Ostgrenze des Reiches beunruhigten. Er eroberte Brennabnrg
(Brandenburg), den Hanptort der Heveller, mit Hilfe der zugefrorenen
Havel (928), kämpfte siegreich gegen verschiedene andere slavische Völker¬
schaften und unterwarf durch die Eroberung von Prag den Böhmenherzog
Wenzel der deutschen Oberhoheit (929); auch besiegte er die Dänen und
zwang einen ihrer Fürsten zur Taufe. Zur nachdrücklichen Fortsetzung
des Kampfes gegen die Slaven und Normannen wurden die Markgraf¬
schaften Nordsachsen, Meißen und Schleswig errichtet. Unter
diesen Kriegsübungen war der Waffenstillstand mit den Ungarn abgelaufen.
Als nun ihre Gesandten erschienen, den versprochenen Tribut in Empfang
zu nehmen, soll ihnen Heinrich, der jetzt den Kampf mit ihnen aufnehmen
konnte, statt des erwarteten Silbers einen räudigen Hund ausgeliefert
haben. Racheschnaubend erschienen darauf die wilden Scharen und drangen
(932) verwüstend bis nach Thüringen vor. An der Unstrut bei einem
Orte, der Ri ade genannt wird, kam es zu einer blutigen Schlacht, in