Die sämtlichen griechischen Staaten des östlichen Mittelmeeres
wurden im 2. und 1. Jahrh. v. Chr. Provinzen des römischen Reichs;
von unendlicher Bedeutung war es, daß durch diese Verbindung mit Rom die
griechische Kultur nach dem Westen übertragen wurde.
Die legten Schöpfungen der griechischen Kultur.
Der Mittelpunkt einer freien^ Bildung war im 3. Jahrh. immer noch
Atßen; hier bildeten sich zwei philosophische Schulen aus, die auf das
Leben der folgenden Jahrhunderte einen nicht unbedeutenden Einfluß ausübten,
die stoische und epikureische. Der Stifter der stoischen Schule war Zenön '
(f 265), der von Kypros als Kaufmann nach Athen kam und in der Stoa
poikile (vgl. S. 32. 3) als Lehrer der Philosophie auftrat. Das richtige Leben,
das eines Weisen, sollte nach ihm frei von Leidenschaft sein und sich den von
der Natur für Körper und Geist gegebenen Gesetzen anpassen; in diesem natur-
und vernunftgemäßen Leben erfülle der Weise seine Pflicht, hierin
liege seine Tugend und seine Glückseligkeit. — Forderte die Stoa Weisheit, um
zum Glücke zu gelangen, so betrachtete Epikuros (f 270), der in einem
Garten innerhalb Athens lehrte, als Hauptzweck des Lebens das Glück selbst.
Indem er in der Lust das höchste Gut sah, empfahl er jedoch nicht jegliche,
insbes. nicht sinnliche Lust, sondern Freiheit von körperlichen Schmerzen und von
der Unruhe der Seele, also Gesundheit und Seelenruhe. Daher stellten
sich die Epikureer auch unabhängig von den stürmischen Bewegungen der öffent¬
lichen Angelegenheiten; sie erstrebten ausschließlich persönliches (egoistisches)
Wohlbefinden; die Pflicht und Tugend der Stoiker zeigte sich dagegen
auch in der lebendigen Teilnahme an den öffentlichen Dingen.
Neben einer neuen Philosophie erblühte in Athen die neuere Komödie,
die im Gegensatze zu der auf das öffentliche Leben eingehenden alten Komödie
die Schilderung des Privatlebens zum Inhalt nahm. Die Begründer dieser
neueren Komödie waren Philemön (f 262) und Menander (f 290). —
Die Plastik, welche reichere Mittel verlangt, konnte in dem Athen des
3. Jahrh. nicht gedeihen; dagegen hatte sie in dem handelsreichen und seemächtigen
Rhodos und an dem reichen Attalidenhofe zu Pergamon eine Nachblüte.
Nach UHodos wurde die Plastik durch Chares von Lindos (auf Rhodos)
verpflanzt, der als Schüler des Lysippos von Sikyon heimkehrend den 35 Meter
hohen, ehernen Koloß des Helios ^) verfertigte. Das berühmteste rhodifche
Kunstwerk ist die Gruppe des Laofoött 2), als deren Meister Agesander, Athano-
doros und Polydoros (wahrscheinlich der Vater und seine 2 Söhne) genannt
werden (zwischen 250 und 150 v. Chr.). Denselben Kunstcharakter, die Dar-
stellung eines furchtbaren Verhängnisses, zeigt ein zweites rhodisches Kunstwerk,
der sogen, farnesische Stiers.
1) eines der 7 Wunder der alten Welt, zu denen außerdem gerechnet wurden der große
Pharos, das Mausoleion, das Zeusbild des Pheidias in Olympia, der Artemistempel in
Ephesos, die großen Pyramiden Ägyptens und die sogen, hängenden Gärten der Semiramis
in Babylon.
2) Die 1506 in Rom gefundene, jetzt im Vatikan stehende Gruppe ist höchst wahrschein--
lich das Originalwerk.
3) Die 1546 oder 47 in Rom in arger Verstümmelung gefundene, aber gut wieder-
hergestellte Gruppe ist jetzt in Neapel, sehr wahrscheinlich gleichfalls ein Originalwerk der