Full text: Lehrbuch der Geschichte für die Ober-Secunda höherer Lehranstalten

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Eine Kunststadt wurde H»ergamon (einige Meilen vom Meere entfernt 
Lesbos gegenüber) durch Attalos I. (241—197), der infolge seines Steges 
über die Kelten (Gallier x)) den Königstitel annahm (um 240). ^ene Kampfe 
faßte Attalos als nationale Thaten auf, vergleichbar den Kämpfen und Siegen 
Griechenlands gegen die Barbaren des Ostens. Dies^ bezeugen seine Weih- 
qeschenke in Athen, die in 4 Gruppen die Siege der-Götter über die ^ganten 
der Athener über die Amazonen und über die Perser bei Marathon und des 
Attalos über die Gallier darstellten. Eine größere Anzahl kleiner Marmor- 
fiauren sterbende oder tote Giganten, Amazonen, Gallier oder Perser sind da- 
von noch erhalten 2). So entwickelte sich aus der plastischen Verherrlichung von 
Attalos Gallierlämpfen eine geschichtliche Kuust von d-r nur d.- -rst-n 
Triebe der vergangenen Zeit angehören; nicht bloß m Bewaffnung und Kleidung, 
sondern auch in der rauheren Haartracht und dem derberen ^rperbau wird das 
Barbarentum, namentlich der Gallier, mdwiduell gezeichnet. Denselben^haMter 
trugen zwei eherne Kunstwerke, die m Pergamon standen und in mc^rmorner 
griechischer Nachbildung erhalten smd, der sogen, sterbende Fechter im kapi¬ 
tolinischen Museum. in dem man einen Gallier erkannt hat, und die Galller¬ 
gruppe in der Villa Ludovisi, einen gallischen Krieger 
(auf der Flucht) soeben sein Weib getötet hat und im Begriffe ist, sich selbst 
das Schwert in die Brust zu stoßen. ^ .. _ 
Einen neuen und überraschenden Einblick in die pergamemsche Kunst ge- 
währen jetzt die originalen Skulpturen =>) (Reliefs) vou dem großen Mtarbau 
SU Pergamon, der dem Sohne Sltttios' I., Cumeues ll. (197—159), ju- 
geschrieben wird. Auch hier erregt die meisterhafte ^unstfertiaEett bie^et^unbe- 
Suna; die realistische Darstellungsweise der Zeit, wie sie tn ^ Gigantenbüdern 
hervortritt, verbindet sich mit einer idealen Auffassung tn den Gottergestalten. 
Auch außerhalb von Rhodos und Pergamon sind im 3. und 2 ^ahry. 
v. Chr. von griechischen Künstlern plastische Werke von hoher Vollendung ge¬ 
schaffen worden, wie das (wohl eherne) Urbild des Apollon vom Belve- 
dere4), das, wie es scheint, mit der Artemis von Versailles und der Athena 
im kapitolinischen Museum zu Delphoi eine Gruppe ^dett: alle drei Statuen 
werden als Siegesweihgeschenke der Atolier nach den Gallierkampfen des Lahres 
279 (vgl. Anm. 1) gefaßt. Der Mitte des 2. Jahrh. geHort wohl die (1820 
gefundene) Aphrodite von Melos (die sogen. Venus von Milo) an, das 
schöne Werk eines ionischen Künstlers. — an • ims 
Neben der Kunst begünstigte Eumenes II. auch bie Wissenschast und 
berühmt war die von ihm begründete pergamemsche Bibliothek. FlW 
Künstler Apollonias und Tauriskos, wie es scheint, zweier Brüder, die aus dem karischen 
**?) ® ISmtWS 4. Jahrh. in Italien einfielen, beuuruhigten im ^ 
Makedonien und Griechenland; 279 drangen sie bis Delphoi ^or erlitten aber hier eme 
schwere Niederlage; ein Schwärm ging auch »ach Asien hinüber und s tzte Dauernd am 
mittleren Halys fest (Galater). Attalos I. trieb die Gallier siegreich durch einen Kamps vn 
Pergamon zurück^edene^ Sammlungen zerstreut, griechische Nachbildungen, vielleicht gar 
Originale.^8 ^ ffiarl £Umaim entdeckt und jetzt im Berliner Museum. . 
4) in Italien gefunden Ende des 15. Jahrh., sicher eme marmorne Nachbildung tn 
römischer Zeit.
	        
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