Dichter und Gelehrte werden am Attalidenhose erwähnt; die größte Förderung
hat indes die Wissenschaft durch die Ptolemäer in Alexandreia erhalten.
Die berühmte Schöpfung des ersten Ptolemäers (f 283) war das Museion
(Museum), bestehend aus einem Musentempel, einer Bibliothek, Hallen und
Wohnungen für Gelehrte und Dichter, die auf Kosten des Königs und im
Besitze aller denkbaren geistigen Hilfsmittel der Wissenschaft und Dichtkunst ob-
lagen. So lebte hier unter Ptolemaios I. der große Mathematiker Eu-
kl ei des (Euklid); indem die griechische Litteratur geordnet und richtige Texte
hergestellt wurden, erhob sich eine philologische Wissenschaft; Eratosthenes
(im 3. Jahrh.) nannte sich Philologos; er ist einer der größten Bibliothe-
kare2), die je gelebt haben. Die alexandrinische Bibliothek wurde die
reichhaltigste des Altertums, und um die Mitte des 3. Jahrh. enthielt sie etwa
530 000 Rollen. Mit der Blüte der Litteratur in Alexandreia hängt auch die
Ausbildung der allgemein-griechischen Sprache, der sogen. Koine, zusammen,
des in Wortschatz und Satzbildung beschränkten attischen Dialekts.
Ohne höhere Bedeutung war die alexandrinische Poesie, eine Hos- und
Gelehrtendichtung, wichtig mehr dadurch, daß sie den römischen Dichtern des
augusteischen Zeitalters Stoffe lieferte und zum Muster diente. Der einzige
wahre Dichter war Theokrit, der gegen 270 in Alexandreia war, aber wieder
nach Sicilien, woher er stammte, zurückging; er schilderte in kleinen Bildern,
Eidyllien (Idyllen), die Einfachheit des Hirtenlebens und wurde dadurch der
Begründer der Hirten- oder bukolischen Poesie.
Ganz unabhängig vom Museion und der Hoflitteratur waren die theologisch-
philosophischen Studien der Juden in Alexandreia; von ihnen wurde das Alte
Testament durch die sogen. 70 Dolmetscher (Septuaginta) in das Griechische
übersetzt.
Indem Rom, den Osten mit dem Westen vereinigend, den gesamten
Länderkreis (orbis terrarum) um das Mittelmeer herum zu einem Ganzen ver-
band, erhob sich endlich ein Weltreich, das lebensfähig war und ein halbes
Jahrtausend bestanden hat.
1) Auch die bildenden Künste, Malerei und Plastik, sind in Alexandreia gepflegt worden,
wie denn Apelles am Hofe Ptolemaios' I. war; aber sie wurden mehr zur Ausstattung von
vergänglichen Prachtbauten und von prunkenden Hof- und Kultfesten verwandt; doch ist ein
herrliches originelles Kunstwerk auf ägyptischem Boden erwachsen, die plastische Darstellung
des Nils; es ist das schönste Bild eines Flußgottes, das sich aus dem Altertum erhalten
hat. Die Statue im vatikanischen Museum ist freilich unzweifelhaft römisch. — Seit
der Mitte des 3. Jahrh. wurden in Alexandreia auch Mosaik arbeiten (-Fußböden) be--
liebt, Nachahmungen von Gemälden durch Zusammensetzung farbiger Steinchen, Thon- oder
Glasstückchen. Die Alexanderschlacht, die in Pompeji entdeckt ist, ist wahrscheinlich die
Nachahmung eines solchen alexandrinischen Gemäldes.
2) Dem Aristophanes aus Byzanz, der um 195 Bibliothekar wurde, schreibt man die
Erfindung der prosodischen Zeichen (Spiritus, Accente) zu.