Full text: Aus der antiken Geisteswelt

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So vollkommen war dieser Mann sein ganzes Leben hindurch dem 
Vaterlande nützlich, daß er auch nach seinem Tode noch dem Vater¬ 
lande großen Nutzen gewährend in die ewigen Wohnungen dahin ging, 
indem er Denkmäler seiner Tugend auf der ganzen Erde hinterließ und 
einer königlichen Beerdigung im Vaterlande teilhaftig ward! 
38. Bild eines guten Königs. Aus: Dion Chrysostomos I. 
Wir wollen, uns so kurz als möglich fassend, den Charakter und 
die Gesinnung des guten Königs schildern, 
— dem der Sohn des verschlagenen Kronos 
Zepter und Rechte verlieh, auf daß er die Völker berate. 
Gar schön hat meines Bedünkens Homer unter vielem anderen 
auch das gesagt, daß nicht alle von Zeus das Zepter und diese Herr¬ 
schaft haben, sondern nur die Guten, und nicht mit anderen Gerecht¬ 
samen, sondern nur dazu, um für ihre Untertanen zu raten und zu sorgen. 
Soll ja doch der König sich nicht einem ausschweifenden und 
schwelgerischen Leben hingeben, indem er mit Torheit, Stolz und Über¬ 
mut auf alle Weise seine von Zorn und Schmerz, Furcht und Lust und 
mannigfachen Leidenschaften durchwogte Seele erfüllt, sondern mit 
größter Sorgfalt auf sich und seine Untertanen achten als wahrer Hüter 
und Hirte seiner Völker, nicht als Gastgeber und Zechgenosse, wie 
jemand sagte (Plato, Staat). An anderen Stellen will Homer ihn nicht 
einmal die ganze Nacht schlafen lassen, weil er keine Zeit zum Müßig¬ 
gänge habe. Denn das sagt Homer übereinstimmend mit den übrigen 
weisen und wahrheitsliebenden Männern, daß nie ein Schlechter, Zügel¬ 
loser und Geldgieriger weder sein eigener Herr und Gebieter, noch der 
eines anderen Menschen werden kann; ein solcher wird nie König sein, 
auch nicht, wenn alle Hellenen und Barbaren, Männer und Weiber ihn 
dafür erklären, und wenn nicht allein die Menschen ihn bewundern und 
ihm gehorchen, sondern die Vögel in der Luft und das Wild in den 
Bergen so gut wie jene sich ihm unterwerfen und seine Befehle voll¬ 
ziehen . . . 
Fürs erste zeigt er Eifer für die Götter und Ehrfurcht für das Gött¬ 
liche; denn der gerechte und gute Mann kann doch unmöglich auf etwas 
anderes größeres Vertrauen setzen als auf die vollkommen gerechten 
und guten Götter . . . Nächst den Göttern widmet er seine Sorgfalt den 
Menschen, indem er die guten ehrt und liebt, aller aber sich annimmt . . . 
So glaubt er denn als Herrscher etwas voraushaben zu müssen — nicht 
an Gütern oder Genüssen, sondern an Mühe und Sorge; daher kommt 
es auch, daß bei ihm die Liebe zur Arbeit größer ist als bei vielen 
anderen die zum Genuß und Besitz . . . Das Gute teilt er mit vollen 
Händen aus, als wäre es unerschöpflich, Böses aber zu stiften liegt 
seiner Natur noch mehr fern, als es der Sonne fern liegt zu verfinstern . . . 
Kriegerisch ist er insoweit, als es bei ihm steht, einen Krieg zu führen,
	        
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