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Mittlere Geschichte.
das im 9. Jahrhundert aus Hoch- und Niederburguud ent¬
standene arelatische Reich (Burgund) nach dem Tode des
kinderlosen Königs Rudolf III. mit dem deutschen Reiche.
Zur Sicherung des Königthums in Deutschland wandte er
die großen Herzogthümer daselbst den Verwandten seines
Hauses, besonders seinem Sohne Heinrich, zu, den er auch
bei seinen Lebzeiten in Aachen förmlich zum König wählen
und krönen ließ. — Derselbe folgte ihm i. I.
1039 — 1056 als .Heinrich III., und vermehrte die schon so
stark befestigte königliche Macht noch so ansehnlich, daß sie
unumschränkt zu werden drohte. Er züchtigte die Böhmen
und gab den Ungarn einen König, der aus seinen Händen
das Reich als Lehn empfing. Auch in Italien wußte er sein
Ansehen geltend zu machen, und viermal besetzte er den päpst¬
lichen Stuhl mit würdigen deutschen Bischöfen. Zwar ge¬
lang es ihm so wenig, wie seinem Vater, die Königswürde
in seinem Hause erblich zu machen; aber doch setzte er die
Wahl seines Sohnes zum Nachfolger durch, und so folgte
derselbe auf ihn i. I.
1056 1106 als Heinrich IV — Da dieser bei dem frühen
Tode seines Vaters erst sechs Jahre alt war, so regierte für
ihn seine Mutter Agnes; er wurde derselben jedoch durch
den herrschsüchtigen Erzbischof Hanno von Cöln entrissen,
der ihn mit großer Strenge erzog. Nachher kam er unter
die Vormundschaft des eitlen, prachtliebenden Erzbischofs
Adalbert von Bremen, der ihn allen seinen Neigungen und
Lüsten überließ. Durch solche Erziehung irre geleitet, wurde
er eine Zuchtruthe für sein Volk, und besonders bedrückte
er die Sachsen so willkürlich, daß unter denselben ein Auf¬
ruhr gegen ihn ausbrach. Sie zerstörten seine festen Schlösser,
besonders die Harzburg, und zwangen ihn selbst zur Flucht.
Zwar besiegte er sie i. I. 1075 an der Unstrut, und sie mußten
sich unterwerfen; da er sie nun aber nur härter bedrückte
und die festen Schlösser wiederherstellte, so wandten sie sich
Hülfe suchend an den Papst Gregor VII., und dieser Schritt
wurde Veranlassung zum Ausbruch eines Kampfes
zwischen der päpstlichen und kaiserlichen Macht,
der mit dem Untergange der letzteren endete.
Schon ifett dem 4. Jahrhundert n. Chr. hatten die römischen Bi¬
schöfe (seit der Mitte deS 6. Jahrhunderts ausschließlich Päpstege¬
nannt) den Vorrang ihrer Kirche vor allen übrigen mit Erfolg behaup¬
tet, indem sie sich besonders auf das Vorrecht des Petrus vor den übri¬
gen Aposteln beriefen, und sich rühmten, seine Nachfolger zu sein; be-
~ sonders kräftig wirkte für die Befestigung der päpstlichen Macht Gregor
d. Gr. — Zu den germanischen Völkern, die stch im römischen Reiche
sestsetzten, standen sie zwar anfangs in mißlichem Verhältnisse, weil die¬
selben Arianer waren (§. 62.); jedoch gestaltete sich dasselbe günstiger,