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diese allzu große Freiheit beschränkten und die Dichter nur mehr allegorische
Personen auftreten lassen durften, entstand die mittlere Komödie. Die
neuere Komödie, welche später unter der mueedonischen Herrschaft entstand,
wendet sich ganz von den politischen Angelegenheiten ab; sie beschäftigt sich
hauptsächlich mit der Darstellung und Geißelung verkehrter Charakterrichtung.
Aristophanes, ein Zeitgenosse des Perikles. Er erscheint in seinen
Stücken, deren uns 11 erhalten sind, als ein Feind aller Neuerungen im
staatlichen und öffentlichen Leben. In den .Rittern' verspottet er den Kleon,
in den .Fröschen' den Euripides, in den .Wespen' die Prozeßsucht der Athener,
und in den .Wolken' greift er sogar den Sokrates an, den er fälschlich mit den
Sophisten in eine Reihe stellte; im.Frieden' und in der .Lysistrata' empfiehlt
er den Athenern die Beilegung des Krieges mit den Lacedämoniern.
IV. Die übrigen schönen Künste.
Die Baukunst fand in Athen unter Perikles die reichste Nahrung. Bei
den meisten Bauwerken dieser Zeit wurde noch die dorische Säulenordnung
angewandt, wie sie auch beim Parthenon und dem Theseustempel erscheint,
während der Erechtheustempel von schlanken jonischen Säulen getragen war.
Erst später fand die reichere korinthische Säulenordnung Aufnahme.
Die geraden Linien des griechischen Tempelbaues erklären sich aus
seiner Entwicklung aus dem Holzbaue. Auch die Säule, der Hauptschmuck
des Gebäudes, ist aus dem hölzernen Pfeiler entstanden. Die wichtigsten
Teile der Säule sind: a) die Basis, b) der Schaft, häufig mit Kannelüren
versehen, c) das Kapital mit dem Echmus und Abäkus. Die drei griechischen
Säulenordnungen sind: a) die dorische Säule, ohne Basis, mit starkem,
sich verjüngendem Schafte und schmucklosem Kapital, b) die jonische, deren
Kapital mit dem Eierstab und den schneckenförmigen Windungen der Volute
geziert ist, c) die schmuckreiche korinthische, deren Kapital durch zwei Reihen von
Akanthusblättern gebildet ist. Die wichtigsten Teile des Gebälks sind: a) das
Firstgesims, b) das Kranzgesims, c) das Tympanon oder Giebelfeld, d) der
Zophoros oder Fries nebst den TriglWhen und Metöpen, e) der Architrav.
Der bedeutendste Bildhauer der Zeit war Ph idias, welcher in seinem
Kolossalbilde des Zeus zu Olympia ein viel bewundertes und unübertroffenes
Meisterstück schuf. Es war 13 m hoch, aus Gold und Elfenbein verfertigt,
und stellte den Gott in sitzender Stellung nach der Schilderung des Homer
(IL I 528) dar. Von allen seinen Meisterwerken (vgl. S. 63) sind nur
einige Skulpturen vom Fries des Parthenon auf uns gekommen. MDroit
bildete besonders Götter- und Athletenstatuen, wie den berühmten Diskus-
Werfer. Die späteren Meister der attischen Schule, wie Skopas aus Paros
und Praxiteles aus Athen, liebten mehr weichere Formen und stellten
meist weibliche oder jugendliche Körper dar. Skopas schuf eine rasende
Bacchantin, Praxiteles die Aphrodite von Knidus und eine in dem wieder-
aufgegrabenen Olympia jüngst aufgefundene Hermesstatue. Die Niobiden-
gruppe, welche bald dem einen, bald dem anderen der beiden Meister zu-
geschrieben wird, zeigt am deutlichsten die Richtung dieser Kunstschule. Unter
den Malern zeichneten sich Polygnvtus, Zeuxis und Parrhasius aus.