Full text: Römische Geschichte (H. 2)

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haben, und er soll auch imstande sein, den Entwickelungsgang der 
einzelnen Völker in seinen Hauptmomenten' im großen Ganzen zu 
verfolgen. Mit dieser Verordnung der preußischen Schulbehörde ist 
die oberste Norm für die Auswahl des Stoffes gegeben: die Völker, 
welche einmal die Hauptträger der fortschreitenden Kultur der Mensch- 
heit gewesen sind, treten in den Vordergrund, solange sie es sind; 
aus ihrer Geschichte werden die Erscheinungen, welche in der Ent- 
Wickelung dieser Völker Hauptmomente bilden, herausgehoben, und 
diesen Hauptmomenten wird, auch aus der Geschichte anderer Völker, 
alles hinzugefügt, was nötig ist, sie miteinander in Zusammenhang 
zu setzen und verständlich zu machen. Diese Norm ist deutlich und 
bestimmt; aber sie ist an sich schon sehr schwer auszuführen, und es 
kommen noch andere Normen hinzu, die mit ihr nicht immer im 
Einklang stehen und doch nicht vernachlässigt werden dürfen. Ein 
Schüler unserer höheren Lehranstalten muß natürlich die deutsche 
Geschichte viel genauer kennen lernen, als die anderer Völker, und 
da die antike Bildung die Grundlage der uusrigen ist, so beansprucht 
auch die Geschichte der Griechen und Römer eine größere Berück- 
sichtiguug, als ihr sonst zukommen würde, und das gilt nicht bloß 
von den Gymnasien, sondern auch und beinahe mehr noch von den 
Realschulen, da die sonstigen Mittel, eine Kenntnis vom Altertum 
zu gewinnen, hier schwächer sind als dort. Unter solchen Umständen 
darf der Verfasser eines Geschichtslehrbuchs, auch wenn er selbst lange 
unterrichtet hat, sich nicht der Hoffnung hingeben, daß er in betreff 
der Auswahl und Anordnung des Stoffes die Zustimmung vieler 
Geschichtslehrer gewinnen werde. Es ist das aber auch ganz in der 
Ordnung; denn eine Uniformierung der Lehrbücher würde bei keinem 
Unterricht so nachteilig sein, als bei dem in der Geschichte, da diesen 
niemand mit gutem Erfolg nach einem Lehrbuche erteilen kann, 
welches seinen Ansichten in wesentlichen Punkten widerspricht. 
Ich habe nun noch einigen Einwendungen zu begegnen, die gegen 
jedes nach meinen Grundsätzen ausgearbeitete Geschichtslehrbuch mit 
einigem Rechte erhoben werden können. 
Einige unserer größten Historiker sind, wie ich weiß, der Meinung, 
daß der Geschichtsunterricht von den höheren Lehranstalten ganz ent- 
fernt werden müsse, weil erst in der Universität Geschichte mit voller
	        
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