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Das Zeitalter der Kreuzzüge und der Hohenstaufen.
§ 69. 70.
Der Süd- Im Südosten gehen Christianisierung und Germanisierunq bis auf
often- Karl den Großen zurück.
Der bayrische Stamm und das Erzbistum Salzburg drangen nach
den Awarenkriegen, nach der Auflösung des Großmährischen Reiches Swa-
toplnks und dem Ungarnsiege Ottos des Großen, immer aufs neue ein-
setzend, die Donau abwärts vor. Hier haben sich die Babenberger als
Markgrafen der Ostmark (seit 976) und als Herzöge von Österreich (seit 1156)
hohe Verdienste erworben. Der Hof zu Wien war im 12. und 13. Jahr¬
hundert einer der glänzendsten Fürstenhöfe Deutschlands. In Österreich
lernte Walter von der Vogelweide singen und sagen.
Loslösung § 70. Die Landgrafschaft Thüringen. Die enge Verbindung Thüringens
von acti)en.mjj. Sachsen (vgl. § 41) hatte sich unter den Fränkischen Kaisern allmählich ge-
lockert und in den Wirren des Bürgerkriegs und Jnvestiturstreites fast ganz
gelöst. Das Land wurde der Schauplatz zahlreicher innerer Kämpfe. Der
Adel wehrte sich gegen die Erhebung eines von Mainz beanspruchten ver-
haßten Zehnten (Zehntstreit); da Heinrich IV. auf die Seite von Mainz trat,
ergriffen die Thüringer größtenteils für die aufständischen Sachsen und den
Gegenkönig Rudolf von Schwaben Partei. So tobte der Bürgerkrieg vor
allem auf thüringischem Boden (Schlachten bei Hohenburg und Hohenmölsen
vgl. § 48 und 49). Die Folge war die völlige Loslösung von Sachsen und
das Aufkommen mächtiger und fast ganz selbständiger Adelsgeschlechter. Als
1106 Lothar von Supplinbnrg das Herzogtum Sachsen erhielt, gehörte
Thüringen nicht mehr dazu: die Frage war nur, welches der großen Grafen-
Häuser aus dem Kampfe um die Führerstellung, der das Land erschütterte,
als Sieger hervorgehen würde.
Grafen- Schon Mitte des 11. Jahrhunderts hatten die Grafen von Weimar-
Häuser. Orlamünde, die die Markgrafschaft Meißen innehatten, eine der Herzogs-
würde durchaus ähnliche Stellung bekleidet. Nach ihrem Aussterben (1067)
kamen neue Geschlechter hoch: die Grafen von Käfernburg, die sich später
Grafen von Schwarzburg nannten (Güter auf dem Thüringerwald und in
der Goldenen Aue), die Grafen von Gleichen (Gegend von Erfurt), von
Frankenstein (an der Werra), von Hohenstein (zwischen Unftrut und Harz) u. a.
Aus der selbständigen Stellung, die sie erlangten und auch nach Begründung
der Landgrafschaft meist behaupteten, sind allmählich die zahlreichen Territorien
entstanden, in die Thüringen später zerfiel. Vor allem aber trat das aus
Franken stammende Geschlecht der Grafen von Schauenburg (bei Friedrich¬
roda) hervor. Bald erlangten sie eine führende Stellung, und so erhob
Kaiser Lothar 1130 den Grafen Ludwig von Schauenburg zum Land-
grasen von Thüringen.
Die Land- Landgraf Ludwig I. (1130—1140)1 war der Enkel Ludwigs des Bär-
grasen, tigert2 und Sohn Ludwigs des Springers, des Erbauers der Wartburg, der
mit ihr die Macht der um Eisenach begüterten Herren von Frankenstein ge-
krochen hatte. Als Besitzer der Wartburg und der Schauenburg, der Neuen-
bürg an der Unftrut und der Eckardsburg bei Eckartsberga, der Städte
Eisenach, Gotha, Kreuzburg, Sangerhausen n. a. besaß er so viel Einfluß im
1 Stammtafel s. S. 121.
2 Gründer des Klosters Reinhardsbrunn (1085), in dem die thüringischen Land-
grasen beigesetzt wurden.