Full text: Die Hauptereignisse der römischen Kaiserzeit, Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Teil 5)

Geschichte der Neuzeit bis zum Westfälischen Frieden 
§ 95. Die Weltlage bei Beginn der Neuzeit. 
Weder in Italien noch in Deutschland war es zur Gründung eines Italien u. 
nationalen Staates gekommen. In beiden Ländern erlebten zwar die kleineren Deutschlands 
Staatsgebilde, Fürstentümer und Städte, zunächst eine Zeit höchster und 
reichster Blüte, doch schon im 15. Jahrhundert war beiden der Mangel 
eines starken nationalen Staatswesens verhängnisvoll geworden, und schon 
im Beginn des 16. Jahrhunderts verfiel Italien der Fremdherrschaft. 
Ihr arbeiteten die kleinen Staatswesen durch ihre Eifersüchteleien in die 
Hände, so daß es sich zuletzt nur darum handelte, ob Aragon (Spanien), 
das von Süden her, oder Frankreich, das von Nordwesten eindrang, 
siegen werde. In Deutschland aber traten alle Gefahren, die seine geo- 
graphische Lage inmitten fremder Staaten mit sich bringt, in einer Zeit, in 
der eine starke Zentralgewalt fehlte, in voller Schärfe hervor. Sobald die 
slawischen Staaten im Osten und die nordischen Reiche zu innerer Festigung 
gekommen waren, und die französischen Könige den Ausbau des Staates 
vollendet hatten, mußte es notwendig zu großen Gebietsverlusten an den 
Grenzen kommen. Zugleich aber entstand in besonders kräftigen staatlichen 
Gebilden an der Grenze der Wunsch, sich von einer Gemeinschaft zu be- 
freien, von der im Falle der Not Hilfe nicht zu erwarten war (Schweiz, 
Niederlande). Die großen Organisationen (Städtebünde, Deutscher Orden), 
durch die man den drohenden Gefahren zu begegnen suchte, hatten sich nicht 
als ausreichend erwiesen. Auch die Reichsreform, die man schließlich unter 
dem Eindruck der schweren Verluste an den Grenzen und in der Besorgnis 
vor neuen, größeren zustande gebracht hatte, schuf keine Abhilfe; da sie alle 
Macht den Ständen gab, hatte sie von vornherein am Kaiser einen Gegner. 
Daneben hörten die Fürsten nicht auf, ihre Hausmacht zu erweitern; schließ- 
lieh war es den Habsbnrgern geglückt, durch mehrere vorteilhafte Ehe- 
bündnisse und Erbschaften ihre Hausmacht zu einem Weltreich zu erweitern. 
Andrerseits hatten die Westmächte (Frankreich, England und Spanien)Die West- 
am Ende des 15. Jahrhunderts ihre nationale Entwicklung beendet. Fortan mä^te- 
versuchte Frankreich, auf Kosten Italiens und Deutschlands sein Gebiet 
zu vergrößern, und stieß hierbei auf den Widerstand der Habsburger und 
der spanischen Monarchie, die ähnliche Ziele verfolgten. Seitdem im 16. Jahr¬ 
hundert die habsburgisch - burgundisch - spanische Macht in einer Hand ver- 
einigt war, wurde der Kampf gegen sie zu einer Lebensfrage für Frankreich. 
Wie schon am Ende des 15., war auch im 16. Jahrhundert Italien 
der Schauplatz dieser Kämpfe. England blieb ein insularer Staat und 
wandte sich von nun an dem Ausbau seiner Seemacht zu. Auf der Pyre- 
näenhalbinsel, wo sich 1479 Kastilien und Aragon zum Königreich 
Spanien vereinigt hatten und 1492 das letzte Bollwerk des Islam gefallen 
Pfeifer, Geschichte. V. G. (Th.) 12
	        
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